Machtkampf im Radsport: Allianz gegen den Wolkenmann

Rudolf Scharping möchte Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer bleiben. In Sylvia Schenk hat er jetzt eine starke Herausforderin.

Gefährlich nah dran: Rudolf Scharping macht sich im Jahre 1997 an Jan Ullrich heran. Bild: dpa

Hans Lutz ist Olympiasieger. 1976 hat er Gold mit dem Bahnvierer geholt. Am Samstag will er wieder einen großen Sieg erringen. Lutz, 63, möchte Rudolf Scharping stürzen, den Präsidenten des Bundes Deutscher Radfahrer, kurz BDR. Die Chancen stünden fifty-fifty, sagt Lutz mit müder Stimme am Telefon. Man könnte glauben, der Olympiasieger aus Böblingen habe einen wochenlangen, kräftezehrenden Wahlkampf hinter sich.

Und tatsächlich ist es nicht so einfach, gegen Scharping ins Rennen zu gehen. Gegen einen Mann der Politik, der einmal Kanzlerkandidat der SPD war und viel flüssiger reden kann als all die anderen Radsportfunktionäre. Im direkten Duell steckt er die Verbandstypen in die Tasche. Scharping hat einen Machtinstinkt, Lutz, Präsident der Radler in Württemberg, dafür ein ehrliches Anliegen.

Es ist freilich nicht Lutz, der gegen Scharping antritt, sondern Sylvia Schenk. Die Frankfurter Anwältin ist Vorsitzende der deutschen Sparte von Transparency International. Sie kennt den Radsport ziemlich gut, denn sie war von 2001 bis 2004 BDR-Präsidentin. Sie hat sich damals in Machtkämpfen zerrieben, am Ende warf sie frustriert das Handtuch.

Wachablösung wird gewünscht

Aber weil sich jetzt endlich etwas im deutschen Radsport tun soll, hat Lutz bei der Anwältin angerufen und sie gebeten zu kandidieren. Am Freitag und Samstag dürfte es also hoch hergehen auf der Bundeshauptversammlung des BDR in Gelsenkirchen. Bereits am Donnerstag tagt das BDR-Präsidium. Hier werden wichtige Weichen gestellt.

„Ich erhoffe mir eine Wachablösung“, sagt Lutz, „das wird sicher schwierig, aber man muss es versuchen, vor allem weil ich in vielen Dingen anderer Meinung bin als Herr Scharping.“ Der Sozialdemokrat pflege einen eigenwilligen Führungsstil, „er fragt nicht, was wir denken, er hat immer nur Recht, und konträre Meinungen werden nicht zugelassen.“ Transparenz, Offenheit und Imagewandel sind Vokabeln, die man jetzt häufig hört.

Lutz möchte darüber hinaus den Breiten- und Nachwuchssport fördern und Distanz zu den Profis aufbauen, die in letzter Zeit so viel negative Schlagzeilen geschrieben haben; da sei ungerechterweise viel abgefärbt auf den Verband, findet Hans Lutz. Er ist für ein hartes Antidopinggesetz, und er will die Form des Umgangs verändern, es gehe darum, „möglichst viele im Verband mitzunehmen und Konsens herzustellen“.

Weniger diplomatisch geht Robert Bartko an die Sache heran. Der Sechstage-Spezialist, der sich für den Posten eines Vize-Präsidenten bewirbt, hat der Nachrichtenagentur dpa verraten: „Im Verband wird nur geschaut, wie man sich das Leben so angenehm wie möglich machen kann. Über viele Jahre ist ein vergiftetes Klima aufgebaut worden. Abhängigkeiten von Athleten wurden ausgenutzt, um sie mundtot zu machen.“

Gewachsenes Misstrauen

Bartko sagt, er sei weder auf der Seite von Scharping noch von Herausforderin Schenk. Nichtsdestotrotz kritisiert der Potsdamer den Amtsinhaber: „Scharping zeichnet sich dadurch aus, dass er immer zum Wahlkampf sehr aktiv wird“, sagt Bartko und bemängelt, dass sich der Ex-Verteidigungsminister „aufgrund seiner geschäftlichen Aktivitäten nicht so um den Radsport kümmern konnte.“

Als potenzieller Scharping-Gegner wurde auch Toni Kirsch genannt, aber so klar will sich der Präsident des Radsportverbandes in Nordrhein-Westfalen im Gespräch mit der taz nicht äußern. Er sei nicht prinzipiell gegen Scharping, aber ändern müsste sich schon Einiges. „Ich bin für eine Aufbruchstimmung“, sagt Kirsch, „wir müssen wieder glaubwürdig werden, denn es gibt ein gewachsenes Misstrauen in der Öffentlichkeit.“ Vieles sei im Argen, vieles müsse dringend angegangen werden, zur Not auch mit Scharping, mit dem es „wie in jeder guten Ehe Krach gegeben“ habe.

Pro Schenk positioniert sich indes die Mountainbike-Olympiasiegerin von Peking, Sabine Spitz. „Sie hat genau das, was wir im Radsport brauchen: Glaubwürdigkeit. Sie hat keinen Respekt vor althergebrachten Strukturen und den Mut, diese in Frage zu stellen“, sagt sie der taz. Alles sei reformierbar, sogar die Strukturen im BDR, man müsse nur die richtigen Personen dafür haben „und den notwendigen Willen“.

Bei der letzten Präsidentenwahl vor fünf Jahren traf Scharping auch auf einen Gegenspieler, Dieter Berkmann aus Bayern. Der Versuch endete kläglich. Scharping siegte klar und deutlich. Der Politprofi sei einer, der „Wolken schieben“ könne, sagte damals ein Funktionär verzückt. Die Frage ist nun, ob die Radsport-Delegierten wieder auf diesen Trick hereinfallen.

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