Machtkampf in der Republika Srpska: Schluss mit lustig für Milorad Dodik
Der Präsident der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina wird per Gerichtsbeschluss seines Amtes enthoben. Doch er gibt nicht klein bei.
Am 1. Februar 2025 war Milorad Dodik in erster Instanz zu einem Jahr Haft und einem politischen Betätigungsverbot für sechs Jahre verurteilt worden. Das Urteil wurde am 1. August 2025 von einem Berufungsgericht bestätigt. Fünf Tage später verfügte die Zentrale Wahlkommission (Central Election Commission, CEC), dass Dodik seines Präsidentenamts enthoben wird. Ein Termin für Neuwahlen ist gesetzlich innerhalb von 90 Tagen vorgeschrieben. Am 12. August 2025 wurde die Haftstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt – konkret: 36.500 bosnische Mark (umgerechnet rund 18.250 Euro)
Dodik hat wie kaum ein anderer in den letzten Jahrzehnten die Politik des Balkans bestimmt. Als Präsident der Republika Srpska hat er alle Fortschritte im Gesamtstaat blockiert und so viele Menschen aus dem Land getrieben, dass Bosnien und Herzegowina fast die Hälfte der ursprünglichen Bevölkerung verloren hat.
Das betrifft alle Volksgruppen in Bosnien und Herzegowina – Serben, Kroaten, Bosniaken und die anderen, die sich nicht national zuordnen lassen. Von ehemals 4,4 Millionen Einwohnern sind geschätzte knapp 2, 4 Millionen noch im Land, von den 1,2 Millionen Serben sind vielleicht noch 700.000 geblieben. Gründe, warum die Menschen gehen, sind Repressionen, vor allem aber auch Misswirtschaft und Perspektivlosigkei.
Unbegrenzte Macht
Aber Dodik will sich nicht geschlagen geben. Bereits im vergangenen September drohte er mit einem Referendum über die Loslösung der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina und hofft jetzt auf die Unterstützung der „serbischen Massen“. Er strebt wie Ungarns Regierungschef Viktor Orbán nach der Unterstützung durch die Bevölkerung, will unbegrenzte Macht und möglichst die vollständige Unterstützung der Serben der Republika Srpska.
Doch das ist nicht so einfach. Die Oppositionsparteien wie die Liberalen oder die Serbische Demokratische Partei (SDS) warten ab. Sie haben noch Rechnungen offen. Am Vorabend der letzten Wahlen 2022 führte die oppositionelle Kandidatin mit weitem Vorsprung vor Dodik. Bei der Auszählung in der Wahlnacht geschah jedoch ein Wunder, die Ergebnisse kehrten sich plötzlich um und Dodik gewann. Die internationalen Institutionen ließen das geschehen.
Auch auf Dodiks Unterstützer im Ausland ist nicht unbedingt Verlass. Der starke Mann Serbiens, Präsident Alexandar Vučić, ist jetzt selbst in der Defensive. Orbàn ist in Brüssel isoliert. Nur die rechtsradikalen Parteien in Europa stützen Dodik.
Sanktionen verhängt
Der rechnet jedoch fest damit, dass sein Freund, Russlands Präsident Wladimir Putin, einspringt, immerhin hat Dodik ihn kürzlich in Moskau besucht. Die USA scheinen in Bezug auf Dodik jedoch an ihrer bisherigen Politik festzuhalten. Sie haben gegen Dodik Sanktionen verhängt.
In Sarajevo sind die Menschen beunruhigt, Zwar machen wieder Witze die Runde, Dodik habe schon Dutzende Male Referenden über die Unabhängigkeit seines Teilstaates angekündigt, doch dazu sei es nie gekommen. Man hofft auch auf die europäischen Eufor-Truppen, die kürzlich verstärkt wurden und die Existenz des Landes garantieren sollen.
Von Europa versprechen sich die Bosnier traditionell nur wenig Hilfe. Sie hoffen aber darauf, dass die Ankündigungen, Europa wolle zusammenrücken und militärische Verantwortung übernehmen, tatsächlich umgesetzt werden.
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