Machtkampf nach Thüringen-Desaster: CDU lässt AKK abblitzen

Die Thüringer CDU darf eine Lösung ohne Neuwahl suchen. Kramp-Karrenbauer gibt klein bei. Rot-Rot-Grün setzt Ultimatum für Kemmerichs Rücktritt.

die Parteichefin vor einem Schild mit der Aufschrift "AfD Fraktion Thüringen"

Annegret Kramp-Karrenbauer kommt am Donnerstagabend im Erfurter Landtag an einem AfD-Schild vorbei Foto: Wolfgang Rattay/reuters

ERFURT/BERLIN dpa/taz | CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich mit ihrem Wunsch nach Neuwahlen in Thüringen vorerst nicht durchsetzen können. Nach fünfstündigen Krisengesprächen in Erfurt lässt die Parteivorsitzende dem Landesverband noch etwas Zeit, um nach dem Eklat bei der Ministerpräsidentenwahl auf parlamentarischem Weg eine Lösung zu finden. Sollten die parlamentarischen Möglichkeiten nicht funktionieren, sei eine Neuwahl unausweichlich, betonte Kramp-Karrenbauer.

Noch am Mittwochabend hatte Kramp-Karrenbauer gesagt, dass das CDU-Präsidium einstimmig eine Neuwahl empfohlen habe. Das Präsidium kommt am Freitagvormittag erneut zusammen, um über die Lage in Thüringen zu beraten. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Wahl Kemmerichs mit Hilfe von Stimmen der CDU und der AfD „unverzeihlich“ genannt und verlangt, das Ergebnis dieses Vorgangs müsse korrigiert werden. Thüringens Landeschef Mike Mohring hatte sich jedoch vehement gegen Neuwahlen ausgesprochen.

Mohrings politische Zukunft ist nun offen – nach Angaben aus informierten Kreisen hat er keinen Rückhalt mehr in seiner Landtagsfraktion. Demnach sei geplant, dass es im Mai Wahlen zum Fraktionsvorsitz geben soll, hieß es nach einer Fraktionssitzung in den frühen Freitagmorgenstunden. Der CDU-Landesvorstand hatte ihm zuvor noch das Vertrauen ausgesprochen.

Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich war am Mittwoch überraschend mit Stimmen von CDU, FDP und AfD zum Regierungschef in Thüringen gewählt worden – dies hatte wegen der maßgeblichen Rolle der AfD ein politisches Beben ausgelöst. Eine parlamentarische Lösung könnte nun darin bestehen, dass Kemmerich seinen Rücktritt erklärt und damit den Weg frei macht für eine erneute Wahl des Ministerpräsidenten vom Landtag. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Kemmerich die Vertrauensfrage stellt. Beides käme der Thüringer CDU entgegen, da sie bei einer Neuwahl des Landtags Verluste befürchtet, während AfD und Linkspartei auf Stimmenzuwachs hoffen könnten.

Streit um Rücktrittstermin

Nach einem bundesweiten Proteststurm wegen der maßgeblichen Rolle der AfD hatte Kemmerich am Donnerstag die Bereitschaft erklärt, seinen Posten wieder zu räumen. „Der Rücktritt ist unumgänglich“, sagte der FDP-Politiker nach einem Krisentreffen mit FDP-Chef Christian Lindner, der extra nach Erfurt gereist war. Spitzenvertreter von Linkspartei, SPD und Grünen in Thüringen forderten Kemmerich auf, bis Sonntag seinen Rücktritt zu erklären. Der FDP-Mann hat bisher keinen klaren Fahrplan genannt.

Linke, SPD und Grüne in Thüringen haben dem Ministerpräsidenten ein Ultimatum für einen Rücktritt gesetzt. Spitzenvertreter der drei Parteien forderten Kemmerich am Donnerstagabend dazu auf, sein Amt bis Sonntag niederzulegen. Die Botschaft sei: „Rücktritt – und zwar eine Aussage bis Ende Sonntag“, sagte Thüringens SPD-Chef Wolfgang Tiefensee in Erfurt.

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