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Männer-BundesligaauftaktEsprit mit Sandro Wagner

Der FC Augsburg war bislang auch eher so ein egaler Verein wie viele. Jetzt ist alles anders, denn mit Sandro Wagner gibt es einen Spannungsbogen.

Ob er Augsburg erfolgreicher macht, weiß man nicht, aber zumindest interessanter: Sandro Wagner Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Von allen komplett egalen Vereinen der an komplett egalen nicht gerade armen Bundesliga ist vermutlich der egalste von allen der FC Augsburg. Die anderen haben noch irgendetwas, woran sich allgemeine Verachtung entzünden kann: fragwürdige Mäzene, im Hauptberuf Werbeträger für das Produkt eines Rechtsradikalen zu sein, solche Dinge. Aber bei Augsburg ist da: nichts. Augsburg ist die Halbrandbrille der Liga: sieht scheiße aus, ist aber nicht schlimm.

Dieses Schulterzucken hat sich der ruhmlose FCA redlich verdient: Mit bärbeißiger Hartnäckigkeit haben sich seine Mannschaften ins sogenannte Niemandsland der Tabelle eingegraben, die Platzierungen der letzten zehn Jahre lagen alle zwischen 11 und 15. In Augsburg wird der Fußball vor sich hin geschaftelt, mit durchaus beeindruckender Konstanz zwar, aber ohne Glanz und ohne Glorie. In der „Gesellschaft der Singularitäten“ (Andreas Reckwitz) hat sich der FCA für eine graumausige Kleinbürgertums-Existenz entschieden, was durch den Spielstil unterstrichen wird: Zweikampf, Zweikampf, langer Ball. Und auch in der Offensive verfolgen sie einen bemerkenswert simplen Plan: Ball nach außen, Flanke, dann mal gucken. Die Identität des Augsburger Spiels ist geradezu karikaturesk schwäbisch: Schaffe, schaffe, Bude mache.

Aber jetzt könnte alles anders werden, weil: Sandro Wagner. Der ist neuer Trainer in Augsburg, und eines kann man sicher sagen: für ­einen biederen, einfallslosen Spielstil steht „dr Sandro“ nicht. Bisher zumindest sah das, was er spielen ließ, ziemlich anspruchsvoll und offensiv aus, bisweilen sogar überfordernd; vor allem aber kann Wagner sehr gut mit jungen Spielern umgehen. Obendrein ist er persönlich ziemlich geradeheraus, auch in der Öffentlichkeit: alles drei Dinge, die man über den FC Augsburg nicht wird behaupten können.

Gegensätze können befruchtend sein

Aber gerade solche Gegensätze können extrem befruchtend sein, und das macht das Experiment in Augsburg äußerst interessant. Vor allem auch, weil es im Kader keine nennenswerten Veränderungen gab: Entsprechend ist der Spannungsbogen, ob Wagner dieser Rumpeltruppe tatsächlich einen Hauch Esprit aus den Felgen schlagen kann. In der Vorbereitung ist das noch nicht gelungen: gegen Mannschaften wie RW Essen, Crystal Palace und Sunderland gab es Niederlagen, und die waren durchaus verdient. Wagner hat angekündigt, dass es ein Übergangsjahr braucht, um Augsburg auf Fußball zu eichen (so hat er es nicht gesagt, aber sicher gemeint): Es wäre freilich lustig, wenn der FCA beim Verlernen seines Zweitligaspielstils absteigt. Aber immerhin: Augsburg hat einen Spannungsbogen!

Immerhin war das neue Trikot schon nach zwei Tagen vergriffen. Es wird als „Römertrikot“ vermarktet und, so heißt es rätselhafterweise auf der Webseite, „begibt sich damit auf die Spuren der Vergangenheit“. Na dann begeben wir uns mit: Augsburg wurde 15 v. Chr. durch die Römer gegründet, und dieser Gründung ging die Seeschlacht auf dem Bodensee voraus; eine Schlacht, die derart unbedeutend war, dass sie vielleicht nicht einmal stattgefunden hat. Keine guten Vorzeichen.

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