Männer in die Kitas: Glückliche Erzieher mit Bärten

Plakat-Kampagne wirbt für mehr Männer in Kitas. Ziel ist, den Anteil von neun auf 20 Prozent zu steigern. Junge Erzieher erzählen begeistert von ihrer Arbeit.

Bringt den Kindern "Beatboxen" bei: Erzieher Guido Höper. Bild: Kaija Kutter

Auf Bahnhöfen und Bussen werden uns in den nächsten Wochen vier junge bärtige Männer anstrahlen, die für den Beruf des Erziehers werben. Das ist Teil der von Bund und EU geförderten Kampagne "Mehr Männer in Kitas", an der sich in Hamburg unter Federführung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes 58 Kindertagestätten beteiligen.

Ziel des Modellprojektes ist, den Anteil männlicher Erzieher von derzeit neun Prozent auf 20 Prozent zu steigern.

Der Auftakt fand am Donnerstag in der Kita "Die halben Meter" im Eimsbütteler Henriettenweg statt, in der fünf Männer und zwei Frauen 48 Kinder betreuen. Eine absolute Ausnahme. Bundesweit sind Kitas fest in Frauenhand, der Männeranteil liegt bei 2,4 Prozent.

In Hamburg gab es 2010 über 10.000 Kita-Fachkräfte, davon waren 9,1 Prozent Männer.

Die Ausbildung zum Erzieher dauert drei Jahre. Sie setzt einen Realschulabschluss und eine mindestens zweijährige Ausbildung oder den Abschluss einer Berufsfachschule voraus. Akzeptiert wird auch vier Jahre Berufstätigkeit.

Abiturienten und Fachabiturienten müssen vor der Erzieher-Ausbildung ein einjähriges Praktikum in einem "für die Ausbildung förderlichen Bereich" vorweisen.

Die Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten, früher Kinderpfleger genannt, dauert zwei Jahre. Sie ist offen für Realschulabgänger mit einer Durchschnittsnote von mindestens 3,5 ohne das Fach Sport.

Es ginge hier nicht darum, die Arbeit der Frauen abzuwerten, sagt Projektleiterin Sylke Känner. Aber es fehle den Kinder etwas, wenn man sie "nur mit Frauen aufwachsen lässt".

Ein Ziel sei, die Geschlechterrollen zu reflektieren und zu entkrampfen. "Ein Mann hat auch fürsorgliche Eigenschaften und eine Frau kann auch Fußball spielen", sagt Känner. Das im März 2011 gestartete Projekt soll auch konzeptionell arbeiten und die Geschlechtermischung unterstützen.

Am schwierigsten sei es, den ersten Mann in ein Team zu kriegen, sagt Känner. "Wenn einer da ist, gibt es einen Sog."

Es sei Zufall, dass im Henriettenweg fünf Kollegen arbeiten, sagt Erzieher Sebastian Hanisch. Aber auch als Mann allein unter Frauen sei es "nicht schlimm". Man werde anerkannt "für das, was man macht". Zunächst hatte er Elektriker gelernt, dann aber im Zivildienst gemerkt, dass er gern mit Kindern arbeitet. "Heute bin ich glücklich", sagt der 30-Jährige.

Ähnlich erging es Guido Höper (23). Er war "Zivi" in einem Kulturzentrum. "Da guckten jeden Morgen vier kleine Köpfe ins Büro." Das brachte ihn auf die Berufs-Idee.

Erzieher, so das Motto der Kampagne, ist ein Beruf, in dem man viele Talente einbringen kann. Höper zum Beispiel ist "Beatboxer". Das sei eine Art Musik mit dem Mund zu machen, die Kindern beim Sprechenlernen hilft.

Er führt sein Hobby vor, lässt Trecker, Flugzeuge und Tiere erklingen. Die Kita-Kinder hören gebannt zu. "So kann man Spaß haben, wenn man Langeweile hat", sagt er am Ende. Darauf ein Kind: "Ist dir langweilig?" Alle lachen.

Aber sind Erzieher nicht schlecht bezahlt? Nicht schlechter als andere klassische Jungsberufe, hält Känner dagegen. Ein Berufsanfänger verdiene zwischen 1.950 und 2.100 Euro brutto. "Ich gehe nicht wegen dem Geld zur Arbeit, sondern weil ich Freude haben will", sagt Hanisch. "Von den Kindern kriege ich mehr wieder, als mir Geld geben kann."

Und es ist ein Wachstumsbereich. Dank des geplanten Krippen-Rechtsanspruchs im Jahr 2013 werden Kita-Fachkräfte gesucht. Nur ist der Zugang kompliziert (siehe Kasten). Realschüler brauchen fünf Jahre bis zum Erzieher-Zertifikat.

Weshalb SPD-Sozialsenator Detlef Scheele im Mai bei einer Kita-Tagung von einer "elend langen Ausbildung" sprach. Es gebe die Absicht, diese zu verkürzen, aber noch keine Ergebnisse, sagt seine Sprecherin Nicole Serocka. "Da gibt es ein dickes Brett zu bohren."

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