Marihuana-Legalisierung in den USA: Yes, we Cannabis

Barack Obama findet Kiffen gar nicht so schlimm. Doch von einer entspannten Vernunft in der Drogenpolitik sind die USA immer noch weit entfernt.

Für Gras aus dem Coffeeshop in Breckenridge/Colorado stehen die Kiffer schon morgens um 8 in der Schlange. Bild: ap

BERLIN taz | Dass Barack Obama als Jugendlicher und junger Erwachsener reichlich gekifft hat, war bekannt: Das steht schon in seinem autobiografischen Buch „Dreams from My Father“. Und während Bill Clinton seinerzeit noch erzählt hatte, er habe das zwar mal versucht, aber er habe „nicht inhaliert“, sagte Obama stets: „Darum ging’s doch“. Und beschrieb seine Highs auf Hawaii auch als Erlebnisse, die Klassen- und Hautfarbenschranken überwanden.

Jetzt hat der Präsident in einem Interview mit der Zeitschrift New Yorker gesagt, dass er Cannabis nicht gefährlicher finde als Alkohol. Seine eigene Kifferzeit sieht er als „schlechte Angewohnheit und Laster, nicht viel anders als die Zigaretten, die ich noch große Teile meines Erwachsenenlebens geraucht habe“. Seinen Töchtern habe er gesagt, dass er Kiffen „eine blöde Idee, eine Zeitverschwendung und nicht sehr gesund“ finde. Unakzeptabel sei aber, dass arme Schwarze und Latinos wegen Kiffens zum Teil lange weggesperrt würden, viel häufiger als Weiße, die das Gleiche machen.

In der aufgeregten Debatte über Cannabislegalisierung sind diese Banalitäten schon ein Statement. So recht zum Legalisierungsbefürworter will sich Obama denn aber doch nicht aufschwingen. „Ein Experiment, eine Herausforderung“ nennt Obama, was seit Anfang Januar im Bundesstaat Colorado und demnächst auch in Washington (dem Bundesstaat) passiert. Allerdings glaube er, dass die Erwartungen daran, wie viele soziale Probleme durch eine Legalisierung gelöst werden könnten, zu hoch gegriffen seien.

Ein US-Präsident mit einer liberalen, wenigstens mit einer einigermaßen vernünftigen Haltung zu Cannabis? Das wäre noch vor wenigen Jahren eine echte Sensation gewesen. Übernehmen die USA hier wieder einmal eine Führungsrolle? Wird das Wort von der „Grünen Revolution“ in Colorado, wohlmeinend begleitet vom Weißen Haus, ganz neu definiert? Leider nicht.

Aus Lateinamerika kommen seit Jahren weitgehende Vorschläge, den seit den 1960er Jahren andauernden „Krieg gegen die Drogen“, ja den gesamten prohibitiven Ansatz der Drogenpolitik zugunsten einer neuen Regulierung zu beenden. Zuletzt im vergangenen Jahr auf dem Amerika-Gipfel zeigte sich insbesondere – aber nicht nur – die US-Regierung jedoch sehr kompromisslos in dieser Frage.

Vielleicht helfen die Erfahrungen, die jetzt in Colorado und Washington gemacht werden, die Diskussion entscheidend voranzubringen. Immerhin steht Präsident Obama mit seinen Einschätzungen etwa über die Gefährlichkeit von Marihuana nicht allein: Längst sieht das eine Mehrheit der US-AmerikanerInnen so, und auch die Legalisierungsidee erhält bei Umfragen immer mehr Zuspruch. Im November dürften in weiteren Bundesstaaten entsprechende Referenden zur Abstimmung stehen.

Cannabis statt Starbucks

Selbst wer die Kriminalisierung ablehnt, sieht derzeitige Phänomene in Colorado doch mit ein wenig Ambivalenz. Nicht nur, dass es in Denver inzwischen mehr Cannabisläden gibt als Starbucks. Die gesamte Hanfbranche, vor allem der Tourismus nach Colorado, mit Shophoppingtouren in der verkifften Stretchlimousine, erinnert doch in einer Weise an den Sangriaeimer am Ballermann, dass man damit eigentlich nichts zu tun haben will.

Obama hat ja so recht: Marihuana ist nicht gefährlicher als Alkohol, aber wer sich über sein Kiffen definiert, kommt kaum smarter daher als der Typ mit „Kampftrinker“-Shirt auf der Biermeile.

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