Marlene Halser zur Genossenschaft: Anders als die Anderen

Die taz ist unabhängig, das macht sie besonders, was zählt ist der gute Gedanke.

Marlene Halser Ressortleiterin tazzwei/Medien Bild: privat

Die taz Genossenschaft wird 25 Jahre alt. Zu diesem Anlass haben wir 5 RedakteurInnen gebeten über die Bedeutung der Genossenschaft für ihren Arbeitsalltag zu schreiben.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

es mag ein bisschen pathetisch klingen, aber die taz war die erste Zeitung, die ich als Jugendliche abonniert habe. Und sie ist all die Jahre, zuerst an der Schule, dann an der Uni und später an der Journalistenschule meine Lieblingszeitung geblieben. Mehr noch: Die taz war die Zeitung, bei der ich immer als Redakteurin arbeiten wollte. Warum? Mir war klar: Die taz ist anders als andere Zeitungen. Und da gehöre ich hin.

Die taz ist nicht so konform oder staatstragend in der Berichterstattung wie andere. Oft ist sie nicht so ernsthaft, wenn die Welt mal wieder seltsam, grausam oder verkommen ist. Weil die Redaktion verstanden hat, dass es bisweilen klüger ist, über die Welt zu lachen, als an ihr zugrunde zu gehen. Ohne freilich den Ernst der Lage zu verkennen. Aber vor allem – und das ist das Wichtigste für mich: Die taz ist eine Redaktion, ein Verlag, der nicht streng hierarchisch funktioniert und in dem man nicht permanent aus dem Lateinunterricht zitieren muss, um die eigene Kompetenz unter Alphamännern großspurig und öffentlichkeitswirksam unter Beweis zu stellen. Die Vorstellung, eines Tages so „performen“ zu müssen, hat mich, ein Kind aus einer „bildungsfernen Schicht“, stets abgeschreckt.

Hier in der taz aber habe ich als Redakteurin und mittlerweile auch Ressortleiterin ein „Zuhause“ gefunden, an dem ich mitwirken und in dem ich mich einbringen und dabei ich selbst bleiben kann. Natürlich gibt es auch in der taz Hierarchien. Da mögen wir uns noch so basisdemokratisch geben. Aber trotzdem sind wir Redakteur*innen bei der taz freier als anderswo. Zum einen müssen wir uns – dank der finanziellen Freiheit, die uns durch die über 16 200 GenossInnen gewährt wird – nicht durch Werbeeinnahmen finanzieren.

Es ist also nicht zu befürchten, dass kritische Berichte nicht ins Blatt kommen, weil sie potenzielle Werbekunden verschrecken könnten, auf die andere Medien durchaus angewiesen sind. Es gibt keine „Blattlinie“, die „von oben“ vorgegeben wird und die dafür sorgt, dass Texte, die dieser Linie nicht entsprechen, nicht veröffentlicht werden. Dissens, der unter den Redakteur*innen immer wieder besteht, tragen wir ins Blatt hinein. Er spiegelt sich in Kommentaren wider, die verschiedene Positionen aufzeigen und sich bisweilen auch widersprechen.

Ein Beispiel: die Aufnahmekapazitäten Deutschlands von Geflüchteten. Und schließlich zählen in der täglichen Arbeit der taz-Redaktion gute Ideen mehr als die Position desjenigen, der sie einbringt. Auch wir aus den „hinteren“ Ressorts können z.B. eine ganze Sonderausgabe zu einem Thema gestalten, das uns wichtig ist. Zuletzt geschehen bei der „günlük gazete“, unserer deutsch-türkischen Sonderausgabe zur Pressefreiheit in der Türkei im Mai dieses Jahres.

All das macht nicht nur wahnsinnig Spaß, sondern macht die taz zu dem, was sie ist: ein Stück unabhängiger und eben auch im guten Sinne unkonventioneller Journalismus, dem gute Gedanken wichtiger sind als steife Hierarchien. Damit das so bleiben kann, brauchen wir auch in Zukunft viele neue Mitglieder. Wir würden uns freuen, wenn auch Sie bei der taz Genossenschaft einsteigen würden.

MARLENE HALSER, Ressortleitung tazzwei/Medien