Massenproteste in Israel: Ultraorthodoxe Juden gegen Wehrpflicht
In Jerusalem demonstrieren 200.000 strenggläubige Juden gegen die in Israel eigentlich verpflichtende Einberufung zum Militär. Ein Jugendlicher stirbt.
reuters | Bei einer Massendemonstration ultraorthodoxer Juden gegen die Wehrpflicht ist am Donnerstag in Jerusalem ein Jugendlicher ums Leben gekommen. Der 15-Jährige sei bei der Kundgebung von einem Dach gestürzt, teilte der israelische Rettungsdienst mit. Israelischen Medienberichten zufolge nahmen rund 200.000 Strenggläubige an dem Protest teil, der die Haupteinfahrtsstraße nach Jerusalem blockierte.
Hintergrund der Demonstration ist der Streit über die Wehrpflicht für ultraorthodoxe Juden. Bislang waren die Seminaristen vom Militärdienst befreit, was viele andere Israelis als ungerecht empfinden. Der Oberste Gerichtshof des Landes hat diese Ausnahmeregelung vergangenes Jahr gekippt.
Der Militärdienst ist in Israel mit 18 Jahren für Männer und Frauen obligatorisch. Ultraorthodoxe Männer, die Vollzeit in Seminaren studieren, waren seit der Gründung des Staates im Jahr 1948 von der Wehrpflicht ausgenommen. Allerdings lebten damals noch sehr wenige Ultraorthodoxe in Israel. Mittlerweile ist deren Bevölkerungsanteil auf 13 Prozent gestiegen.
Die ultraorthodoxen Parteien argumentieren, dass der obligatorische Militärdienst ihre jungen Männer vom religiösen Leben abbringen könnte. Die Auseinandersetzung über ein neues Wehrpflichtgesetz hat die Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in eine Krise gestürzt, nachdem zwei ultraorthodoxe Parteien die Koalition im Juli verlassen hatten.
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