Maßnahmen zur Flugsicherheit: Der fatale Cockpit-Panzer

Nach 9/11 müssen Cockpit-Türen während des Fluges verschlossen sein. Was gegen Terroristen hilft, wurde jetzt offenbar zum tödlichen Verhängnis.

Hier wird die Verriegelung eines Airbus A320-Flugsimulators bedient. Bild: reuters

BERLIN taz | „Meine Cockpit-Tür war immer offen“, erzählt ein Flugkapitän im Ruhestand von der Zeit vor den Anschlägen des 11. September 2001: „Selbst die Gäste der Business-Class fanden daran Gefallen, uns zuzusehen.“ Neben Kindern habe er auch Menschen mit Flugangst gern ins Cockpit eingeladen, sagt der Pilot, der während seiner aktiven Karriere 12.000 Flugstunden auf dem Airbus A320 für mehrere deutsche Fluggesellschaften absolviert hat: „Es hat den Leuten Sicherheit gegeben zu sehen, wem sie ausgeliefert sind.“

Nach den Attentaten sei das nicht mehr möglich gewesen, bedauerte er in einem Gespräch mit der taz am Donnerstagvormittag, bevor weitere Einzelheiten über den Flug der Germanwings-Maschine 4U 9525 bekannt wurde. Ein Sicherheitsrisiko sehe er in der verschärften Türpolitik aber nicht: „Die Kommunikation zwischen Kabine und Cockpit ist schwieriger geworden – aber nicht unterbrochen.“

Dass die damals international festgelegte Politik der verschlossenen Cockpit-Tür nun selbst mit zu fatalen Katastrophen beiträgt, wie offenbar im Fall des Germanwings-Absturzes, wo der Copilot Andreas L. seinen Flugkapitän wohl nicht mehr ins Cockpit zurückkehren ließ, stand damals nicht auf der Liste der Sicherheitsprioritäten.

In allen Verkehrsflugzeugen ist die Tür zwischen Kabine und Cockpit mehrere Zentimeter dick, kugelsicher und durch drei elektrische Riegel verschließbar. Experten warnen seit Längerem vor den Risiken, die die Panzertüren bergen.

Mit Zahlencode klingeln

So schrieb das österreichische Internet-Fachmagazin austrianwings 2014: „Was geschieht, wenn sich ein Pilot zur Toilette begibt, sein Kollege im Cockpit – aus welchen Gründen auch immer – das Bewusstsein verliert oder verstirbt und der nun außerhalb des Flightdecks befindliche Pilot plötzlich keinen Zutritt mehr zur Steuerzentrale des Flugzeuges hat?“ Jetzt ließe sich ergänzen: Was, wenn ein Pilot nicht vom befehlshabenden Flugkapitän daran gehindert werden will, einen tödlichen Sinkflug einzuleiten?

Die Tür muss während des gesamten Fluges verschlossen sein. Ein YouTube-Video von Flugzeughersteller Airbus führt ihre Bedienung vor. Durch Eingabe eines Zahlencodes können Crewmitglieder von Außen im Cockpit „klingeln“. Dann können die Piloten über einen Monitor nachsehen, wer eintreten möchte.

Ist es eine Stewardess, können sie die Tür mittels Knopfdruck öffnen, im Falle eines Terroristen können sie die Türe blockieren. Über einen besonderen Sicherheitscode kann das Kabinenpersonal die Tür im Notfall selbst öffnen, etwa im Falle, dass Piloten bewusstlos sind, aber erst nach einiger Zeit. Es ist nicht mehr auszuschließen, dass der Copilot Andreas L. diese Zeit genutzt hat, um den Autopiloten umzuprogrammieren.

Im November 2013 ließ ein Pilot einer Fluglinie aus Mosambik einen Kurzstreckenjet vom Typ Embraer 190 absichtlich aus über zehn Kilometern über Namibia abstürzen – der Kollege war ausgesperrt. Alle 34 Insassen der Maschine starben dabei. Die Gefahr der Panzertüren gegen den Terror – sie wird Diskussionsstoff bieten.

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