Materalien für Religionsunterricht: Erste Islam-Schulbücher auf dem Markt

Bisher mussten Lehrer islamischen Religionsunterricht mit selbstgemachtem Material bestreiten. Jetzt erscheinen erste deutschsprachige Schulbücher.

Basiswissen über den Koran vermitteln ist laut Islamwissenschaftlerin Kaddor erstes Ziel. Bild: dpa

BERLIN taz Schluss soll sein mit den Loseblattsammlungen, mit selbstgemalten Grafiken, eigenhändig kopierten Geschichten und ausgeschnittenen Zeitschriftenfotos: In diesen Tagen erscheint "Saphir", ein Buch für den islamischen Religionsunterricht. "Bisher haben die Lehrer mit selbsterstelltem Material gearbeitet", sagt Lamya Kaddor, eine der Herausgeberinnen. Doch die Zeit des Übergangs müsse endlich vorbei sein: "Jetzt haben wir ein Buch, als nächstes sollte ein flächendeckender islamischer Religionsunterricht folgen."

Der Kösel-Verlag, der den schönen blauen Band herausbringt, wirbt medienwirksam damit, dass es das erste Buch für den deutschsprachigen Unterricht sei. Ganz stimmt das nicht: Der Önel-Verlag, der bislang vor allem Schulbücher für den Türkischunterricht verlegt hat, war ein bisschen schneller. "Eine ganze Reihe von Verlagen und Autoren arbeitet an solchen Schulbüchern", weiß der Islamwissenschaftler Michael Kiefer.

Allerdings fehlt dem Schulbuch aus dem Önel-Verlag, das seit August im Handel ist, noch der Segen der Kultusministerien.

"Saphir" aber darf ab diesem Schuljahr in den fünften und sechsten Klassen in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Bremen und Niedersachsen eingesetzt werden. Der Verlag plant zwei weitere Bücher für die Klassenstufen sieben bis zehn.

Mitherausgeberin Lamya Kaddor ist Islamwissenschaftlerin, seit fünf Jahren unterrichtet sie Islamkunde an einer Hauptschule im nordrhein-westfälischen Dinslaken. Für Schüler wie ihre ist das Buch gemacht: "Ich weiß, wie wenig Wissen bei den Schülern über den Koran vorhanden ist", sagt sie. "Zuerst müssen wir Basiswissen vermitteln." Das Buch, das mit vielen Bildern, Fotos und Grafiken ansprechend aufgemacht ist, erklärt nicht nur die zentralen Begriffe, Geschichten und Rituale des Islam, sondern trägt auch zum Nachdenken über das Leben in Deutschland bei. "Wichtig war uns zu zeigen, dass es viele verschiedene Modelle gibt, den Islam zu leben", sagt Kaddor. Die Schüler sollten angeregt werden, Fragen zu stellen.

Islamunterricht gibt es noch immer nur sehr vereinzelt an deutschen Schulen, Vorreiter ist das Land Nordrhein-Westfalen. Der islamkundliche Unterricht, der hier bereits seit 1986 erteilt wird, hat zwar noch immer den Status eines Modellprojekts. Doch inzwischen unterrichten nach Angaben des nordrhein-westfälischen Schulministeriums rund 65 muttersprachliche Lehrer und 20 Islamwissenschaftler etwa knapp 11.000 Schüler an 140 Schulen. Die Schulversuche in anderen Bundesländern sind viel kleiner.

Für Kaddor ist das alles ein Übergangsmodell, das abgeschlossen werden sollte. Sie setzt sich für einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht ein, der dem der christlichen Kirchen gleichgestellt ist. Dafür hatte sich auch die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) einberufene Islamkonferenz im März dieses Jahres ausgesprochen. Doch Voraussetzung dafür ist, dass eine muslimische Organisation als Religionsgemeinschaft anerkannt wird. Davon aber sind die Sunniten, die weitaus größte muslimische Gruppe hierzulande, noch weit entfernt.

Die Aleviten haben das geschafft. Im Schuljahr 2008/2009, sagt Islamwissenschaftler Michael Kiefer, werde es erstmals in vier Bundesländern bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht geben: in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern. Kiefer: "Das ist richtiger Religionsunterricht, mit Noten, die versetzungs- und prüfungsrelevant sind."

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