Meşale Tolu ist wieder in Deutschland: Ihre Freude hält sich in Grenzen

Bei ihrer Ankunft in Stuttgart erinnert die Journalistin an die Kollegen, die noch in türkischer Haft sitzen. Ihren Mann musste sie zurücklassen.

Meşale Tolu sitzend - vor sich eine Reihe von Mikrofonen

Landete mit Kind, aber leider ohne dessen Vater auf dem Flughafen Stuttgart – Meşale Tolu Foto: reuters

BERLIN taz | Am Sonntagnachmittag ist die deutsche Journalistin Meşale Tolu gemeinsam mit ihrem dreijährigen Sohn aus Istanbul kommend in Stuttgart gelandet. Sie wurde von ihrem Vater und anderen Familienmitgliedern in Empfang genommen. Gegenüber wartenden Journalisten sagte Tolu: „Es ist nicht so, dass ich mich wirklich über die Ausreise freue.“ Denn die Repressionen seien dort in vollem Gange und über hundert Journalisten weiterhin in Haft. Vor allem ist ihr Mann Suat Corlu weiterhin in Istanbul und darf nicht ausreisen. Er ist genauso wie die 34-jährige Meşale Tolu angeklagt, Mitglied der linksradikalen verbotenen Partei MLKP zu sein.

Mesale Tolu hatte sieben Monate in türkischer Untersuchungshaft gesessen, bevor sie im Dezember 2017 freigelassen worden war. Vor zwei Wochen hatte das Gericht auch ihre Ausreisesperre aufgehoben. Der Prozess gegen sie geht allerdings weiter.

Meşale Tolu gehörte gemeinsam mit dem Korrespondenten Deniz Yücel und dem Friedensaktivisten Peter Steudtner zu den bekannten politischen Gefangenen in der Türkei. Es gibt und gab aber eine große Zahl weiterer deutsch-türkischer politischer Häftlinge seit dem Putschversuch im Juli 2016, deren Namen entweder gar nicht öffentlich wurden oder die schon nach kürzerer Zeit wieder freigelassen wurden.

Außenminister Heiko Maas: keine Normalisierung

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich derzeit sieben weitere deutsche Staatsangehörige in Haft, bei denen deutsche Diplomaten davon ausgehen, dass sie aus politischen Gründen festgehalten werden. Hunderten Deutsch-Türken wurde darüber hinaus an der Grenze die Einreise in die Türkei verweigert.

Die Bundesregierung hatte die Nachricht, dass die Ausreisesperre für MeşaleTolu aufgehoben wurde, begrüßt. Außenminister Heiko Maas sagte aber auch, das reiche nicht, um die Beziehungen zur Türkei wieder zu normalisieren. Die Bundesregierung erwartet, dass nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes Ende Juni nun auch wieder rechtsstaatliche Verfahren zum Zuge kommen und die Einschränkungen demokratischer Rechte aufgehoben werden. Das wird allerdings bislang durch eine neue Anti-Terror-Gesetzgebung verhindert, die ebenfalls noch Ende Juni in Ankara verabschiedet wurde.

Von einer „Normalität“ kann im Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei nach wie vor keine Rede sein. Zwar hat die Bundesregierung die strengste Reisewarnung für die Türkei mittlerweile aufgehoben, aber immer noch weist das Auswärtige Amt auf die Gefahr hin, in der Türkei festgenommen werden zu können.

Auch der für Ende September vorgesehene Besuch von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Berlin ist heikel. Erdoğan erhofft sich von Deutschland und der EU insgesamt Unterstützung in der aktuellen Wirtschaftskrise. Eine große Mehrheit in Deutschland ist laut Umfragen allerdings strikt dagegen, Erdoğan mit Geld auszuhelfen.

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