Medien zu Horst Seehofers Personal: Der Blick ins eigene Haus fehlt

„Geht gar nicht“, hieß es zu Seehofers Männer-Personal aus den Redaktionen. Dabei würde ein Foto ihrer Teams wohl ähnlich aussehen.

In einem Fenster sieht man den Umriss einer Frau an einem Schreibtisch

Wo sind die Frauen in den Redaktionen? Foto: dpa

Als vergangene Woche Horst Seehofer seine neue Führungsmannschaft auf einem Foto präsentierte, waren sich ziemlich viele JournalistInnen einig: „Geht gar nicht“, meinten die KommentarschreiberInnen. Grund für die Einigkeit war Seehofers Entscheidung, sein Heimatministerium ausschließlich von Männern leiten zu lassen.

„Die einzige Vielfalt, die sich auf diesem Foto zeigt, betrifft die tausend Arten, auf die ein Anzug schlecht sitzen kann“, kommentierte eine Redakteurin der FAZ. „In dieser Personalentscheidung zeigt sich einmal mehr: Die CSU funktioniert ähnlich wie ein generisches Maskulinum“, eine aus der Süddeutschen.

Dabei hätten die Kolleginnen sich nur mal in ihrer Redaktion umschauen müssen. Wie sähen denn die Fotos aus, wenn man die Führungsmannschaft dieser beiden Zeitungen zeigen würde?

FAZ: 4 Männer, 0 Frauen

Süddeutsche: 3 Männer, 0 Frauen

Bei den anderen großen Blättern sieht es etwas, aber nicht viel besser aus:

Spiegel: 3 Männer, 1 Frau

Zeit: 5 Männer, 2 Frauen

Stern: 3 Männer, 1 Frau

Welt: 4 Männer, 1 Frau

Bild: 7 Männer, 4 Frauen

Und, der Vollständigkeit halber:

ARD: 7 Männer, 2 Frauen

ZDF: 1 Mann, 0 Frauen

taz: 1 Mann, 2 Frauen

Ein bisschen besser wäre das Geschlechterverhältnis auf den Fotos, wenn sich die Online-Chefinnen dazu stellen würden. Wesentlich diverser, im Sinne von Menschen mit Migrationshintergrund, wären die Fotos allerdings auch dann nicht.

Ein bisschen weniger Häme

Die Organisation Pro Quote hat gerade wieder Zahlen veröffentlicht, die zeigen, wie hoch der Frauenanteil unter den RessortleiterInnen in der Printbranche ist. Er liegt, wenn es gut läuft, so wie beim Spiegel bei 37,5 Prozent. Wenn es schlecht läuft, wie beim Focus, bei 9 Prozent.

Aber man muss keine Ressortleiterinnen und Chefredakteurinnen zählen, um zu sehen, dass Journalismus auch 2018 immer noch Männersache ist. Auf der Einladung für die diesjährigen Preisverleihung des Henri-Nannenpreises ist als Dresscode nur „schwarzer Anzug“ angegeben. Frauenkleidung wird nicht erwähnt. Das ist wenigstens ehrlich: Unter den 54 Nominierten sind vier Frauen. Die meisten Frauen auf der Preisverleihung werden wohl Schürze tragen und die Gläser der Männer auffüllen.

Das heißt nicht, dass Journalisten nicht kritisieren dürfen, was in ihrer eigenen Branche nicht erfüllt wird. Aber ein bisschen weniger Häme in den Kommentaren über andere, dafür ein bisschen mehr auch öffentliche Selbstkritik und mehr Frauenförderung wären ein Anfang.

In einer ersten Verson des Artikels waren die Zahlen zu den Männer- und Frauenanteilen in den Chefredaktionen von „Stern“, „Welt“, „Spiegel“ und „Bild“ teilweise nicht korrekt. Wir haben diese nun korrgiert.

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