Mediengesetz in Ungarn: Ein bisschen weniger Zensur

Das umstrittene Mediengesetz in Ungarn wird auf Druck des Verfassungsgerichts modifiziert. Aber nicht alle Veränderungen sind Verbesserungen.

Schon im Jahr 2010 protestierten ungarische Zeitungsmacher gegen das Mediengesetz. Bild: dapd

WIEN taz | Ungarns Parlament hat am Donnerstag kleine Korrekturen des umstrittenen Mediengesetzes beschlossen. Damit kam es einem Auftrag des Verfassungsgerichtshofs nach, der vergangenen Dezember erkannt hatte, mehrere Passagen seien mit der Verfassung nicht vereinbar. Die Verfassungsklage war von der führenden Qualitätstageszeitung des Landes, Népszabadság, eingebracht worden.

Nach der neuen Regelung darf die Nationale Medien- und Kommunikationsbehörde (NMHH) redaktionelle Inhalte bei gedruckten Medien nicht mehr kontrollieren. Ob ein Artikel die Privatsphäre einer Person verletzt, obliegt nicht mehr der Beurteilung der mächtigen Medienbehörde, sondern muss von einem Gericht beurteilt werden. Das gilt nicht für die audiovisuellen Medien. Die bleiben weiterhin der inhaltlichen Kontrolle durch die NMHH unterworfen.

Verbessert wurde auch der Schutz des Redaktionsgeheimnisses. Journalisten können nicht mehr zur Offenlegung ihrer Quellen gezwungen werden. Nur bei schweren Verbrechen, die ohne die Hilfe der Redakteure nicht geklärt werden könnten, darf künftig ein Gericht ins Redaktionsgeheimnis eingreifen.

Die Modifikationen betreffen auch Verträge für Radiofrequenzen, die vom Medienrat der Nationalen Medien- und Kommunikationsbehörde (NMHH) unterzeichnet werden. Sie sehen vor, dass nach den früheren Regelungen geschlossene Verträge Ende 2012 auslaufen. Das ermöglicht eine Neuverteilung.

Für den Oppositionssender Klubrádió, der sich gegen den Entzug der Sendefrequenz erfolgreich gerichtlich zur Wehr gesetzt hat, wurde ein eigenes Gesetz geschaffen, das die bisher wegen ihres informativen Charakters als gemeinnützig und daher gebührenbefreit geltenden Radios als kommerzielle Sender einstuft. Als solcher müsste Klubrádió eine Gebühr bezahlen, die er mangels ausreichender Werbeeinnahmen nicht aufbringen kann. Der kritische Sender müsste also die Frequenz zurückgeben und kann laut Gesetz auch nicht auf eine andere ausweichen. In bewährter Manier entfaltet dieses Gesetz rückwirkende Gültigkeit.

Keine Abstriche machte das Parlament bei der parteipolitisch einseitigen Zusammensetzung der Medienbehörde, die vom Europarat beanstandet worden war. Weitere Zugeständnisse sind auch nicht zu erwarten. Denn seit Jahresbeginn gilt die neue Verfassung – und mit der ist das Mediengesetz voll vereinbar.

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