Medienmogul Rupert Murdoch: Dirty Digger aus Down Under

Vom Provinzblatt bis zum Onlineglaubensportal: Alles, was Sie über Rupert Murdoch wissen müssen: Das ABC zum britischen Abhörskandal.

Rupert Murdoch kaufte nach und nach den australischen Medienmarkt leer und spendierte die erste landesweite Zeitung "The Australian". Bild: reuters

ADELAIDE Wo alles vor rund 60 Jahren begann: Rupert Murdoch machte durch trickreiches Ausschalten der Konkurrenz aus dem Provinzblättchen Adelaide News den Grundstock seines künftigen Unternehmens, kaufte nach und nach den australischen Medienmarkt leer und spendierte ihm die erste landesweite Zeitung: The Australian.

BSKYB Weil ihn das britische Kartellrecht daran hinderte, Zeitungen und Free-TV-Sender gleichzeitig zu betreiben, wurde Murdoch Anfang der 1980er Jahre eher unfreiwillig zum Pay-TV-Pionier. Und weil es in Großbritannien nur vier weitere Sender gab, funktionierte das Abofernsehen auch, anders als in Deutschland. BSkyB ist heute eines der profitabelsten TV-Unternehmen der Welt. Leider gehört er Murdoch noch nicht ganz - und die für dieses Jahr geplante Komplettübernahme musste wegen "C" abgeblasen werden.

CAMERON, DAVID Geriert sich als Premierminister und brutalstmöglicher Aufklärer des Telefon-Hacking-Skandals, der Murdoch klarmachte, dass der sich jetzt erst mal die Genehmigungen für den BSkyB-Deal abschminken kann. Camerons Haltbarkeit ist begrenzt, weil er sich Andy Coulson, Chefredakteur der News of the World (siehe unter N) zur Zeit des Hacking-Skandals, bis Januar 2011 als Kommunikationsdirektor der Regierung hielt.

DIRTY DIGGER Murdochs erster Spitzname als Medienmogul. Schließlich ist seine Spezialität, kriselnde Zeitungen zu kaufen und, wenn sie das nicht schon sind, in trashig-erfolgreiche Boulevardblätter zu verwandeln.

ELISABETH MURDOCH Hätte Rupert mal auf Mutti gehört. Die 102-jährige Dame ist eine in Australien hoch geachtete Mäzenatin, die den Umgang von Murdochs Medien mit der Privatsphäre anderer Leute "nur schrecklich" findet. Und längst nicht alles gutheißt, was Sohnemann sonst so macht.

FOX NEWS Murdochs Gegenbeweis, dass Journalisten tendenziell links sind. Populistisches Sperrfeuer für Tea Partys, Rassisten und andere geliebte US-amerikanische Knallchargen.

GOTCHA! Die berühmteste und geschmackloseste Schlagzeile von Murdochs Sun, die so die Versenkung des argentinischen Kreuzers "General Belgrano" im Falklandkrieg mit über 300 Toten feierte.

HEIDELBERG LEADER Nein, Murdoch hat nicht in Heidelberg, sondern in Oxford studiert und es auch dort nie zum "Führer" geschafft. So heißt vielmehr ein Murdoch-Provinzblättchen im Speckgürtel seiner australischen Geburtsstadt Melbourne.

INTERNET Neues Medium, mit dem Murdoch seine liebe Not hat. Erst rein und viel Geld versenkt, dann 2001 raus wegen zu viel Risiko. Zuletzt wieder 'ne Niete gezogen: MySpace 2005 für rund 560 Millionen Dollar ge-, 2010 für 35 verkauft.

"JUDGE ME TENDER" Hat Murdoch etwa doch Humor? Wie in dieser Folge vom Mai 2010 wird er recht regelmäßig als Zeichentrick-Rupert in der Serie "Simpsons" - produziert vom Murdoch-Sender Fox - veräppelt.

KINDER hat Rupert reichlich. Sohn James (38) ist aktueller Kronprinz mit Schwierigkeiten, weil er für die britischen Zeitungen - und damit alles rund ums Telefon-Hacking - zuständig ist. Lachlan (40) war mal Kronprinz und ist jetzt Aufsichtsrat. Elisabeth (43) ist Tochter und sollte in den Aufsichtsrat, was sich die Familie jetzt wegen der miesen Stimmung bei den Aktionären erst mal verkniffen hat. Dazu kommen noch Grace (8) und Chloe (9) aus Ruperts aktueller Ehe mit Wendi Deng-Murdoch.

LENIN, WLADIMIR Revolutionär. Hatte Rupert angeblich während des Studiums in Oxford auf dem Kaminsims stehen, um die Establishment-Schnösel zu schocken, mit denen der Aussie bis heute nicht warm wird.

MAXWELL, ROBERT Der 1991 abgesoffene Medienmogul (Daily Mirror) war links, fett und Ruperts Lieblingsfeind. Dass er sich politisch in Großbritannien jetzt genauso als Getriebener fühlt wie Maxwell kurz vor seinem Ende, macht Murdoch keinen Spaß.

NEWS OF THE WORLD Das erste Blatt, das Murdoch in London kaufte (1968), war auch das erste, das er wieder dichtmachte (2011, wg. Phone-Hacking). Dass davon jetzt die Auflage des Sonntags-Mirror profitiert, ärgert ihn maßlos. Bei der NoW fand Murdoch eine seiner wichtigsten Mitarbeiterinnen: Rebekah Brooks. Er machte sie 2000 zur bis heute jüngsten britischen Chefredakteurin und später zur Verlagschefin. Die Polizei nahm sie wegen der Abhöraffäre fest.

OBAMA, BARACK Der US-Präsident ist zwar die Hassfigur für viele "Fox News"-Cracks, Murdoch selbst outete sich 2008 bei einer Medienkonferenz aber als Obama-Fan: "Yeah. He is a rock star. It's fantastic. I love what he is saying about education."

PREMIERMINISTER Dass sie bei ihm anstehen, um ihn zu treffen, nervt ihn manchmal, hat Murdoch dem Parlamentsausschuss zum Hacking-Skandal erzählt. Vor allem, wenn sie ihn wie David Cameron (siehe unter C) durch die Hintertür kommen lassen. Immerhin ist klar, wer Koch und wer Kellner ist. Tony Blair wollte Murdoch 2006 sogar einen Job anbieten.

GQ Ob Murdoch ein Gentleman ist, bleibt umstritten. Aber immerhin gehört ihm seit 1999 die australische Ausgabe des Herrenblatts Gentlemen's Quarterly.

RUGBY Wer so viel arbeitet wie Rupert, hat keine Zeit für Sport. Es sei denn, es ist mit Geldverdienen verbunden. Deshalb gehört ihm die Hälfte der australischen National Rugby League.

SKY DEUTSCHLAND Anders als mit BSkyB in Großbritannien haut es mit Pay-TV in Deutschland immer noch nicht so richtig hin. Selbst wenn jetzt der Laden Rupert M. gehört (siehe V).

TIMES, THE 1981 übernahm Murdoch das Londoner Blatt schlechthin, es wäre sonst pleitegegangen. Den mächtigen Drucker-Gewerkschaften sagte er den Kampf an, schmiss sie mit freundlicher Unterstützung von Margaret Thatcher raus und druckte ohne sie im Londoner Stadtteil Wapping weiter. Damit stellte er den Zeitungsmarkt auf den Kopf - und leistete unfreiwillig Geburtshilfe beim Independent (1986).

UNITED, MANCHESTER Weil Sport vor allem schön ist, wenn sich damit Geld verdienen lässt (siehe unter R), bot Murdoch über BSkyB 1998 für den populärsten Club der Premier League - und vielleicht sogar der Welt. Doch Freund Tony Blair spielte nicht mit: Im April 1999 untersagte die britische Monopolkommission das Vorhaben.

VOX Auch ein deutscher Länder-Premier kann großer Murdoch-Fan sein: Wolfgang Clement hoffte Ende der 1990er Jahre auf Millioneninvestitionen für den Kölner Kanal Vox, der damals zur Hälfte Murdoch gehörte. 2000 übernahm Murdoch für kurze Zeit auch den Spartenkanal tm3 (später 9live - inzwischen tot).

WALL STREET JOURNAL 2008, als die Welt für Murdoch noch schön war, gelang die spektakuläre Übernahme des US-Wirtschaftsinformationsriesen Dow Jones, bei dem u. a. das WSJ erscheint, das aktuell so seine Schwierigkeiten mit der Berichterstattung über, nun ja, die Murdochs hat.

X-FILES Als deren Ableger drehte Murdochs Studio 20th Century Fox die Serie "The Lone Gunmen", die nach 9/11 jede Menge Verschwörungstheorie lieferte. Denn in der im Frühjahr 2001 gesendeten Pilotfolge verhindern die Helden, dass ein Flugzeug für einen Anschlag gekapert wird. Seitdem raunt's im Internet: "Was wusste Rupert Murdoch?"

YANKEE Was ist Rupert Murdoch? Als Student im Oxford der 1950er klar der Aussie-Außenseiter, der trotz Kohle nicht zum Nachkriegsbritannien passt. 1985 wird er "waschechter" US-Amerikaner, weil nur Eingeborene US-Fernsehsender zur Gänze kaufen dürfen. 1999 heiratete der Weltenbürger dann mit seiner dritten Frau Wendi Deng nach Asien ein. Der verziehen viele ChinesInnen zunächst die Ehe mit dem fast 50 Jahre älteren Knautschgesicht aus Down Under nicht. Nachdem sie ihren Rupert aber beim Rasierschaumattentat im Parlamentsausschuss vom Juli vor Schlimmerem bewahrte, ist ihr Ruf laut Presseberichten deutlich gestiegen.

ZONDERVAN PUBLISHING Kaum einer kennt diesen Teil von Murdochs News-Corp.-Imperium. Doch weil sich auch mit Glauben und Religion Geld verdienen lässt, kaufte sich der Enkel eines schottischen Pfarrers natürlich auch bei dieser religiösen Mediengruppe ein. Besonders schön: das Onlineglaubenportal beliefnet.com.

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