Megaparty in Berlin-Kreuzberg: Strandmuscheln auf dem O-Platz

Erste Bilanz des Myfests: Ab 17 Uhr werden die ersten Zugänge geschlossen, Polizei und Festcrew sind happy über den Verlauf. Auch im Görli wird gefeiert.

Die eigentliche Party fand im Görli statt Foto: dpa

Schon um 16.45 Uhr sind die ersten Zugänge zum Myfest wegen Überfüllung geschlossen. Von der Skalitzer Straße und der Oranienstraße kommt man nicht mehr auf das Fest, auf dem sich wie in den Vorjahren auch diesmal wieder mehrere zehntausend Menschen tummeln.

Auch auf dem Mariannenplatz herrscht Jahr dichtes Gedränge. Die Musik ist laut, es wird Köfte gegessen, die Mülleimer quellen über, es gibt viel Party, wenig Politik. Vor allem junge Besucher tanzen hier mit Caipirinhas und Bier in der Hand.

Die Polizei ist am Nachmittag zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. „Das Fest ist sehr gut ausgelastet“, sagte Sprecher Winfrid Wenzel und sprach von einem ruhigen, feierfreudigen 1. Mai. „Für uns ist der Tag bislang einfach schön.“

Seit nach dem 1. Mai 2015 ein genervter Kreuzberger gegen den Fortbestand des Festes vor dem Verwaltungsgericht klagte, stand die Frage im Raum: Wer übernimmt die Verantwortung, wenn Panik ausbricht?

Seither haben Festcrew, Bezirksamt und Polizei das Sicherheitskonzept überarbeitet, was sich beim diesjährigen Fest zeigt: Klos, Bühnen und Verkaufsstände dürfen keine Fluchtwege versperren. In der Adalbertstraße stehen deshalb keine Bühnen und in der Oranienstraße nur eine – ganz am Ende. Umso mehr Menschen schieben sich durch die Straßen, um die verbliebenen acht Bühnen zu finden. Einst gab es mal 18. Hatte das Bezirks­amt in der Hochphase bis zu 350 Köfte- und Verkaufsstände von Anwohnern genehmigt, in diesem Jahr sind es nur 102. Gefeiert und konsumiert wird trotzdem.

Susanne Hilmer, Amtsleiterin des Büros der Bezirksbürgermeisterin, ist glücklich. Alles sei friedlich, alle feiern. Auch Halis Sönmez, Vorstand des Myfest-Vereins, sieht das so. Nur Ercan Yasaroglu vom Café Kotti findet ein paar kritische Worte: „Sicherheitstechnisch ist zwar alles besser geregelt, aber es ist alles so unpolitisch.“ Wenn schon so viele junge Leute nach Kreuzberg kämen, sollte ihnen auch inhaltlich ein paar Angebote machen.

Um Viertel nach sechs findet auf dem Oranienplatz eine Symbolaktion statt. Zwischen zwei Bäumen hängt ein Transparent mit der Aufschrift: „Make O-Platz politisch again.“ Mitten auf dem Platz, der einst von Geflüchteten mit Zelten besetzt wurde, sind zehn kleine blaue Strandmuscheln aufgebaut. Eine Frau auf der Bühne appelliert auf Englisch, den Platz wieder zu besetzen.

Zum 17.15 Uhr zählt die Polizei in Kreuzberg 168.000 Festbesucher – inbegriffen die, die sich um Umfeld des Myfestes tummeln. Tausende schieben durch die Wiener Straße, denn die eigentliche Party findet im Görlitzer Park statt. Ein junger Mann, schwarz gekleidet, Ring im geweiteten Ohrläppchen, auf die Frage, was er hier macht: „Kiffen und saufen. Aber die Demo finden wir auch noch.“ Ob dem so ist, sei mal dahingestellt. Fest steht: Die Dealer im Park machen ein gutes Geschäft. „Big business today“, sagt einer und lächelt.

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