Mehr Rechte für Landwirte: EU will Handelskonzerne bremsen

Die EU-Kommission stärkt Landwirte: Unfaire Praktiken der Discounter sollen bestraft werden. Dem Bauernverband geht das nicht weit genug.

Obst und Gemüse im Supermarkt

Wie fair geht es zu, bis dieses Gemüseangebot im Discounter-Regal liegt? Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Behandeln große Handelskonzerne kleine Landwirte unfair? Bisher ist die EU-Kommission dieser Frage ausgewichen. Doch nun schaltet sich die Brüsseler Behörde in den Streit ein – und fordert ein Verbot unlauterer Handelspraktiken. In der Versorgungskette für Lebensmittel müsse es endlich fair zugehen, forderte Agrarkommissar Phil Hogan am Donnerstag in Brüssel.

Als Beispiele für unlautere Praktiken nennt der Ire verspätete Zahlungen für verderbliche Lebensmittel oder Stornierungen von Bestellungen in letzter Minute. Für Landwirte in Europa entstehen dadurch Schätzungen zufolge Schäden in Höhe von knapp elf Milliarden Euro pro Jahr.

Auch einseitige Vertragsänderungen und Zwangszahlungen für Lebensmittelverschwendung will die Kommission künftig verbieten. Andere Praktiken sollen nur noch dann gestattet sein, wenn sie im Vorfeld klar vereinbart wurden. Etwa, wenn ein Käufer nicht verkaufte Lebensmittel an den Lieferanten zurückschickt. Bisher gab es hier eine Grauzone.

Zur Kontrolle dieser neuen Verbote, schlägt Brüssel vor, dass die EU-Staaten eine Behörde benennen, die bei Verstößen Sanktionen verhängen kann. Und um den „Angstfaktor“ abzubauen, sollen Beschwerden vertraulich behandelt werden, so Hogan.

Christian Verschueren, Chef von EuroCommerce

„Die Kommission hat keine Beweise für ein Strukturproblem“

„Wir werden tätig, weil unlauteres Geschäftsgebaren das wirtschaftliche Überleben von Marktteilnehmern in der Lebensmittelkette gefährdet“, begründete der für Wirtschaft zuständige EU-Kommissar Jyrki Katainen den Vorstoß. Außerdem müsse man den Flickenteppich aus nationalen Regeln beseitigen. 20 EU-Länder gehen bereits gegen unfaire Praktiken vor, allerdings sehr unterschiedlich.

In der Lebensmittel-Branche wurde der Vorstoß unterschiedlich aufgenommen. Von einem “Meilenstein“ gegen Ausbeutung sprach Franziska Humbert von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Für den Deutschen Bauernverband geht die Kommission nicht weit genug: Es handle sich um einen wichtigen Schritt, allerdings müssten die Regeln „für die gesamte Lebensmittelbranche gelten und wirksam von Kartellbehörden durchgesetzt werden“.

Ganz anders sieht das der Handel. „Die Kommission hat keine Beweise für ein strukturelles Problem oder die Nützlichkeit der europäischen Gesetzgebung zur Lösung dieses Problems vorgelegt“, kritisierte Christian Verschueren, Chef des Händlerverbandes EuroCommerce, dem etwa Kaufland, Lidl und Rewe angehören.

In Deutschland hatte zuletzt die Handelskette Edeka für Schlagzeilen gesorgt, weil es die Verträge mit dem Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé kündigte. Die deutsche Genossenschaft wollte so die Preise drücken.

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