Menschenrechte und Männer-WM in Katar: Faeser macht’s genau richtig

Die Zeit des sozialdemokratischen Leisetretertums gegenüber Diktaturen ist vorbei. Faeser macht klar, dass Menschenrechte immer und überall gelten.

Portrait von Nancy Faeser

Innenministerin Nancy Faeser Foto: Björn Trotzki/imago

Der frühere sozialdemokratische Außenminister Sigmar Gabriel hat Kritik an der Politik seiner Parteigenossin Nancy Faeser geäußert. Die amtierende Bundesinnenministerin wird sich nämlich auf den Weg ins Fußball-WM der Männer gastgebende Katar machen, um neben Menschenrechtsverletzungen beim Bau der Sportstätten anzusprechen, dass sie mit der dort systematischen Diskriminierung von LGBT-Menschen nicht nur nicht einverstanden ist, sondern – darauf kommt es an – keine Repression gegen schwule Fußballfans, die zum Turnier in dieses autokratische Land fahren, akzeptiert.

Man darf froh sein, dass Gabriel nur noch einen prominenten Namen hat, aber keinen politischen Einfluss mehr. Sein Hinweis, man müsse anerkennen, dass Katar ein Land in Entwicklung sei und die Bundesrepublik ja bis 1994 auch einen Strafparagrafen gegen männliche Homosexualität wirksam hielt, ist erstens falsch. Schwules unter Erwachsenen ist seit 1969 hierzulande straffrei, in Katar ist dies nicht der Fall. Und zweitens markiert Gabriels Statement die klassische sozialdemokratische Leisetretertradition gegenüber diktatorischen Regimen, sofern die Geschäfte stimmen.

Faeser hingegen erreicht mit ihrer Reise, bei der sie einige Angehörige aus der queeren Community begleiten, dass es sich die katarischen Sicherheitsbehörden zweimal überlegen werden, während des WM-Turniers jemanden zu verhaften oder nach Hause zu schicken, der (oder die) etwa eine Regenbogenflagge zeigt, und sei es mit Anstecker am Revers.

2014, zu den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi, schickte auf Wunsch von Präsident Barack Oba­ma das Olympiateam der USA mehrere superprominente Sportler*innen, die sich auch als LGBTI-Kämpfer*innen engagierten. Wladimir Putin und sein bekennend homophobes Regime wagten nichts, um sie zu disqualifizieren. In diesem Sinne agiert auch Faeser: Sie weiß, dass in Katar nicht in Bälde eine CSD-Parade stattfinden wird. Sie ist ja keine Illusionistin. Aber sie zeigt an, was der politisch-moralische Standard zu sein hat, weltweit.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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