Meppener Moorbrand bedroht Ökosystem: Bundeswehr gegen Schmetterlinge

Der Moorbrand im Emsland hat in einem Schutzgebiet große Schäden an der Umwelt angerichtet. Für die Kosten wird wohl die Allgemeinheit aufkommen.

schwelendes Moor

Es schwelt noch immer, das Feuer im Moor bei Meppen Foto: dpa

GÖTTINGEN taz | Der Moorbrand auf einem Bundeswehr-Testgelände im Emsland scheint weitgehend unter Kontrolle. Das bislang letzte offene Feuer wurde am Sonntag gelöscht, Glutnester in der Erde schwelen aber weiter. Noch knapp 1.000 Einsatzkräfte sind vor Ort, alle zivilen Helfer sollen bis zum Wochenende von Soldaten abgelöst werden.

Der Landkreis Emsland hat den Katastrophenalarm bereits am Donnerstag aufgehoben – den Bewohnern von zwei Dörfern drohte sogar die Evakuierung. Der Brand war am 3. September ausgebrochen, nachdem ein Hubschrauber eine Rakete abgefeuert hat. Danach breitete sich das Feuer in dem ausgetrockneten Gebiet auf bis zu 12.000 Hektar aus.

Auf einem Drittel der betroffenen Fläche liegt das Natur- und Vogelschutzgebiet „Tinner Dose-Sprakeler Heide“, es ist das größte noch überwiegend intakte Hochmoor Niedersachsens. Das Schutzgebiet besitzt eine herausragende Bedeutung für bedrohte Vogelarten, seltene Schmetterlinge, Heuschrecken und Libellen, sagt BUND-Landesgeschäftsführerin Susanne Gerstner: „Durch den Brand gehen geschützte Lebensräume verloren, bodenlebende Arten wie Reptilien, Amphibien und Insekten werden dabei getötet.“

Stickoxide in der Luft

Durch das Feuer gelangten Schadstoffe wie Feinstaub und Stickstoffoxide in die Luft. Letztere werden auch von Dieselfahrzeugen emittiert. Sie begünstigen nach einer Studie des Bundesumweltministeriums Lungenkrankheiten, Diabetes, Bluthochdruck und Schlaganfälle. Asthmatiker leiden unter einer Verengung der Bronchien. Feinstaubteile sind so klein, dass sie ungehindert in Lungenbläschen und Blutkreislauf wandern. Dort können sie Entzündungen, Wucherungen, Asthma, Bronchitis, Krebs oder Herzinfarkte auslösen.

Der Brand setzt auch große Mengen Kohlendioxid frei, weil Moore effektiv CO2-Speicher sind. Mindestens 500.000 Tonnen waren es nach Schätzungen von BUND und Klimahaus Bremerhaven, 300.000 Tonnen nennt das Land Niedersachsen. „Auch nachdem das Feuer gelöscht sein wird, werden die entwässerten Hochmoore Niedersachsens durch Austrocknung und Mineralisierung weiterhin große Mengen CO2 in die Atmosphäre abgeben“, schreibt die Aktion Moorschutz, ein Zusammenschluss von Umweltverbänden.

Franziska Tanneberger von der Universität Greifswald beziffert die Umweltschäden durch den Moorbrand auf 80 bis 120 Millionen Euro. Dieser Betrag werde weder der Bundeswehr noch dem Hubschrauberhersteller Airbus in Rechnung gestellt: „Dafür kommt die Allgemeinheit auf“, sagt Tanneberger.

Für alle Betroffenen hat die Bundeswehr am Montag in Meppen ein Schadensbüro eröffnet. Die zunächst mit vier Mitarbeitern besetzte Stelle soll Schadensanzeigen möglichst unbürokratisch aufnehmen, sagt Klaus Steinl, Leiter des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums Leer. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr in Berlin entscheidet dann über Entschädigungen. Einige Betroffene hatten sich schon in den vergangenen Tagen beim Bürgertelefon gemeldet – etwa wegen eines abgebrannten Hochsitzes oder weil die Kühe weniger Milch geben. Ein Pferdehof klagt über Verdienstausfälle, weil die Tiere evakuiert werden mussten.

Die Kühe geben weniger Milch. Ein Pferdehof klagt über Verdienstausfälle, weil die Tiere evakuiert werden mussten

Die Kosten für die Hilfskräfte will der Bund übernehmen. Die Armee hatte – viel zu spät, wie Kritiker bemängeln – Mitte September ein Ersuchen an die niedersächsische Landesregierung gestellt, dass bei dem Brand auch zivile Feuerwehren löschen sollen. Mehrere Kommunen und Kreise setzten daraufhin ihre Wehren in Marsch.

Der Nachbar-Landkreis Grafschaft Bentheim beispielsweise schickte 140 Einsatzkräfte. „Das dürfte allein für drei Tage für unsere Leute Kosten von 50.000 Euro ausmachen“, rechnete Thomas Heinrich vom Ordnungsamt des Landkreises in der Neuen Osnabrücker Zeitung vor. Auch Sachkosten fallen an: für Fahrzeuge, Pumpen, Schläuche und andere Ausrüstung. Für Luftmessungen war eigens ein Messwagen aus Nordrhein-Westfalen angefordert worden.

Und die juristischen Folgen? Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt wegen des Brandes gegen Unbekannt und hat Liegenschaften der Bundeswehr durchsuchen lassen. Noch ist ungeklärt, ob die Bundeswehr oder der Hubschrauberproduzent Airbus Helicopters die Rakete abgeschossen hat, die das Moor in Brand setzte.

Das Unternehmen gibt an, das Moor sei durch eine Schieß­erprobung mit einem ihrer Hubschrauber entzündet worden. Doch auch das Bundesverteidigungsministerium pocht auf Mitwirkung: Auf eine Frage des FDP-Bundestagsabgeordneten Jens Beeckeinem schreibt es, Schießversuche der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen hätten das Moor in Brand gesetzt.

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