Merkel trifft Medwedjew: Krise schafft Freundschaft

Nur ein Jahr nach dem Kaukasuskonflikt feiern Kanzlerin Merkel und Russlands Präsident Medwedjew ihre neue Harmonie.

Bloß nicht über Georgien reden: Medwedjew und Merkel entspannt bei einer Pressekonferenz in Schleissheim. Bild: dpa

SCHLEISSHEIM taz | Das ist schon fast wie Strickjacke. "Ich habe sie nach Russland eingeladen, nächsten Sommer einen Spaziergang in Sotchi zu machen", flötete Russlands junger Präsident Dmitri Medwedjew mit all seinem Charme, von dem er während des Georgienkonflikts im vorigen Sommer so wenig hatte spüren lassen. Ausgerechnet das Schwarzmeerbad Sotchi, das Sommerdomizil des Präsidenten, wo er auf dem Höhepunkt der Spannungen gemeinsam mit Angela Merkel eine eisige Pressekonferenz gegeben hatte.

"Das letzte Jahr war schwierig", gibt Medwedjew an diesem Donnerstag auch zu. "Aber es ist gelungen, Antworten zu finden." Das war's dann auch an Rückschau auf die schlechten Zeiten. Merkel ist jetzt seine neue Freundin, die Krise schweißt zusammen. Beide Länder erhoffen sich von ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit viel. Zahlreiche Verträge wurden bei den 11. Deutsch-Russischen Regierungskonsultationen unterschrieben, viele Wirtschaftsvertreter waren anwesend bei dem mehrstündigen Treffen in dem früheren wittelsbachischen Lustschloss nördlich von München.

Russland ist von der Krise schwer getroffen, Deutschland setzt auf Vorteile für die notleidende Exportindustrie und bei der Industrieversorgung. "Es ist wichtig, dass wir aus der Krise gestärkt hervorgehen", übernahm Medwedjew sogar eine Merkel-Formulierung. Die Kanzlerin erhofft sich wohl auch Vorteile für den Wahlkampf. Ein Konfliktkurs mit Russland kommt hierzulande nicht gut an, weckt ungute Erinnerungen an den Kalten Krieg. Anklänge an die Freundschaft zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow, die mit einem Treffen im Kaukasus den Weg zur Einheit ebneten, rufen positivere Bilder hervor.

Nicht einmal der Mord an einer russischen Bürgerrechtlerin in Tschetschien am Tag vor dem Treffen konnte die Eintracht trüben. Medwedew verurteilte die Tat ungewohnt deutlich und versprach Aufklärung, Merkel akzeptierte. Auch die verschiedenen Pipelineprojekte, ein großes Konfliktthema der letzten Jahre, waren plötzlich keine Konkurrenz mehr. "Wir haben keinen Neid in Bezug auf Nabucco", sagte Medwedjew zu der Leitung, die Russland südlich umgehen soll. "Was für Europa gut ist, ist auch gut für uns. Wir sind ja auch Europäer."

Nur eines bekam die deutsche Öffentlichkeit nicht: Konkrete Zusagen für die Rettung von Opel und der ostdeutschen Wodan-Werft. Das sei Sache der beteiligten Firmen, nicht so sehr der beteiligten Regierungen, sagten die beiden neuen Freunde. Ganz harmonisch, versteht sich.

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