Merkels Atomausstieg im Saarland: Bestandsschutz für Kohle

Die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen verabschiedet einen Masterplan Energie. Dabei tut sie niemandem weh, schon gar nicht der Industrie.

Bergleute in Luisenthal, Völklingen, Saarland (1997). Bild: ap

SAARBRÜCKEN taz | Die Jamaikakoalition im Saarland, die einzige auf Länderebene in der Republik, stellte am Dienstag in der Saarbrücker Staatskanzlei ihren Masterplan Energie vor.

Länder und Kommunen müssen nämlich umsetzen, was in Berlin in Bundestag und Bundesrat jüngst beschlossen wurde: raus aus der Atomenergie bis 2022. Und rein in die Nutzung der erneuerbaren Energien.

Um das von Umweltministerin Simone Peter (Grüne) gleich auch als Vorlage für andere Bundesländer angepriesene Konzept wurde allerdings lange "gerungen", wie die Ministerin einräumte. Insbesondere der FDP Saar gingen die Vorstellungen der Grünen von einer radikaleren und auch schnelleren Energiewende hin etwa zu Wind- und Sonnenkraft zunächst entschieden zu weit. Das Saarland müsse Industrie- und Kraftwerksstandort bleiben, so das Credo von Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP).

"Die Voraussetzung für eine nachhaltige Industriepolitik ist eine preisgünstige, grundlastfähige und unterbrechungsfreie Stromversorgung", so Hartmann letzte Woche vor den entscheidenden Beratungen zum Masterplan am vergangenen Wochenende im Koalitionsausschuss.

Dass es dort nicht zum offenen Streit zwischen den Kontrahenten FDP und Grünen kam, ist wohl der auf Schlichtung bedachten, zielgerichteten Verhandlungsführung von Regierungschef Peter Müller (CDU) zu verdanken, der sich wohl mit einem Verhandlungserfolg beim Topthema Energiewende aus der aktiven Politik verabschieden wollte. Einer entsprechenden Mutmaßung jedenfalls widersprach Müller, dem im August die amtierende Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nachfolgen wird, – augenzwinkernd – nicht.

Umweltministerin Peter (Grüne): "200 bis 300 Prozent"

Müller hat ganze Arbeit geleistet. Umweltministerin Peter von den Grünen jedenfalls steht trotz der punktuellen Erfolge der FDP bei den Verhandlungen "200 bis 300 Prozent" hinter dem jetzt vorgelegten Masterplan. Und auch Wirtschaftsminister Hartmann (FDP) ist voll des Lobes. Denn das Konzept, so der Liberale entspannt lächelnd, bekenne sich zum regionalen Kraftwerkspark und stärke das "vitale Interesse von Industrie und Mittelstand an einer preisgünstigen, grundlastfähigen und unterbrechungsfreien Energieversorgung".

Bestandsschutz gibt es also für alle Kohle- und Gaskraftwerke im Saarland. Deren Modernisierung wird als Ziel formuliert. Und der Neubau eines Gasheizkraftwerks wird in Erwägung gezogen, obgleich es an anderer Stelle des Konzepts heißt, dass Öl und Gas begrenzte Ressourcen seien, die auch noch immer teurer würden. Hartmann wies außerdem darauf hin, "dass in einem liberalisierten Strommarkt letztendlich die Marktakteure bestimmen, wohin die Reise geht".

Stahl, Gummi, Auto

Dennoch sind sich die Koalitionäre darin einig, dass der Strom für Privathaushalte und für die Industrie an der Saar – Stahl, Gummi, Auto – auch in der Umstellphase bezahlbar, respektive "sozialverträglich" (Müller) bleiben müsse.

Der Masterplan Energie sieht vor, dass bis 2020 rund 20 Prozent des Energiebedarfs des Saarlandes durch erneuerbare Energien abgedeckt werden sollen. Bis 2050 will man den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid "um mindestens 80 Prozent reduzieren". Damit die Saarländerinnen und Saarländer auch alle mitmachen bei der Energiewende - etwa bei der energetischen Sanierung privaten Hauseigentums oder anderer Energieeinsparmaßnahmen -, werden sie von Umweltministerin Peter "mitgenommen" in die neue Zeit. Informationsmaterial ist schon gedruckt. Bei der "freiwilligen" Gebäudesanierung will die Landesregierung "mit gutem Beispiel vorangehen".

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