Merz in Israel: Als wäre nichts gewesen
Der Kanzler besucht den israelischen Premier Benjamin Netanjahu und betont die gemeinsamen Grundsätze. Man möchte schreien – aber es brächte nichts.
F riedrich Merz trifft Benjamin Netanjahu, redet von Freundschaft und lächelt. Als wäre nichts gewesen. Als gebe es keinen Haftbefehl gegen den israelischen Premier. Als sei Israel nicht wegen eines Genozids in Gaza vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt. Als wäre Israels Armee nicht für zehntausende zermetzelte palästinensische Körper verantwortlich. Die israelische Kriegsführung habe Deutschland zwar vor „Dilemmata gestellt“, sagt Merz in Jerusalem – als seien er und das Land Opfer der ganzen Sache. Aber bis heute gebe es „im Grundsatz keinerlei Differenzen mit Israel“.
Eigentlich möchte man schreien – und all die Momente deutscher Heuchelei noch einmal vollumfänglich aufzählen. Noch einmal darauf hinweisen, dass es ein rechtsextrem regiertes Israel ist, an das sich Merz anbiedert. Und dass Israels genozidale Kriegsführung nicht vorbei ist. 360 Palästinenser wurden seit Beginn des sogenannten Waffenstillstands getötet; nun drängt Israel auf eine einseitige Grenzöffnung nach Ägypten – faktisch ein Zurück zum Plan der Zwangsumsiedlung.
Wenn sich Merz für eine Zweistaatenlösung einsetzen wollte, wie er erneut behauptete, müsste er gegen den unwilligen Netanjahu den einen Hebel bedienen, den er in der Hand hat. Deutschland müsste aufhören, die Aufhebung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel zu blockieren. Aber es brächte nichts, all das zu wiederholen, es bringt zwei Jahre lang nichts. Der Kanzler weiß all das. Und es ist ihm egal – oder zumindest nicht wichtig genug, um die deutsch-israelischen Beziehungen weiter zu strapazieren.
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Was ihm nicht egal ist, sind hingegen die Interessen der Bundesregierung: die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit Israel, das importierte Raketenabwehrsystem Arrow 3 und allen voran die Allianz mit den USA. Auf solche für den Wirtschaftsstandort Deutschland notwendigen Allianzen will man nicht verzichten. Zynische Politikrealisten würden sagen: So funktioniert globale Politik eben. Im Grundsatz ist sie von Interessen, nicht von Moral geleitet. Aufrechte Menschen würden erwidern: Dann muss eben alles anders werden.
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