Messverfahren für Schadstoffe: Behörde verteidigt NO2-Messungen

Stickoxid wird teilweise zu nah an Kreuzungen gemessen. Am Gesamtbild ändert das nach Ansicht des Umweltbundesamtes aber nichts.

Abgas-Messstation in Essen

Wird zu nah oder zu fern einer Kreuzung gemessen, können sich die Werte verfälschen Foto: dpa

BERLIN taz | Nach Berichten über falsch platzierte Messstationen für Stickoxid hat das Umweltbundesamt die ermittelten Werte verteidigt, die auch Grundlage für Fahrverbote sind. „Es gibt einige Messstationen, die schon betrieben wurden, bevor die EU-Vorgaben aufgestellt wurden“, sagte Ute Dauert, Expertin für Luftschadstoffe beim Umweltbundesamt, der taz. „Auch wenn einige die Kriterien nicht erfüllen, nutzen wir diese Daten weiter, weil sie uns langfristige Trends liefern.“

Die EU gibt vor, dass in Wohngebieten ein Jahresmittelwert von maximal 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft eingehalten werden muss. Die Messungen sollen in der Regel mindestens 25 Meter von einer Kreuzung entfernt erfolgen. Denn einerseits können anfahrende Autos vor einer Kreuzung die Werte der Schadstoffe steigern; andererseits wird an Kreuzungen die Luft stärker verwirbelt als in Straßenschluchten, was auch geringere Werte zur Folge haben könnte.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte am Wochenende von fünf Messstationen in verschiedenen Städten berichtet, an denen die vorgeschriebene Entfernung nicht eingehalten wird. Tatsächlich ist das noch bei deutlich mehr Stationen der Fall. Eine Übersicht zu allen 278 verkehrsnahen deutschen Messstationen, deren Daten an die EU gemeldet werden, zeigt insgesamt 24 Mess­punkte, bei denen der 25-Meter-Abstand zu einer Kreuzung unterschritten wird.

Aus Sicht von UBA-Expertin Dauert stellt das aber kein Problem dar. „Die betroffenen Messstationen sind nicht das Zünglein an der Waage, auf das es bei Entscheidungen über Fahrverbote ankommt“, sagt sie. In Berlin etwa werden in der Silbersteinstraße, wo die Messstation mit 21 Metern etwas zu nah an einer Kreuzung steht, 48 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft gemessen. In der Karl-Marx-Straße, wo der Abstand korrekt ist, sind es mit 49 Mikrogramm aber noch mehr. Ähnlich in München: Hier werden am Stachus, nur fünf Meter von einer Kreuzung entfernt, 53 Mikrogramm gemessen. An der Landshuter Allee, wo der Mindestabstand eingehalten wird, sind es hingegen 78 Mikrogramm.

Ute Dauert, Umweltbundesamt

„Die betroffenen Messstationen sind nicht das Zünglein an der Waage“

In Mainz, wo ein Gericht im Oktober wegen der überhöhten Stickoxidwerte Fahrverbote angeordnet hat, könnte es hingegen tatsächlich ein Problem geben. Der höchste Wert von 48 Mikrometer, auf den sich das Urteil vor allem stützte, wurde in der Parcusstraße gemessen. Laut FAS liegt auch dieser Messpunkt näher an einer Kreuzung als von der EU vorgegeben. Dem widerspricht das Umweltbundesamt: In der Datenbank sei für diesen Standort ein Kreuzungsabstand von 27 Metern verzeichnet – er sei also größer als gefordert.

Neben dem Wunsch, alte Mess­punkte aus Gründen der langfristigen Vergleichbarkeit weiter zu nutzen, ergeben sich manche der geringfügig dichteren Abstände zu Kreuzungen laut Umweltbundesamt teilweise auch aufgrund der erforderlichen Standfläche für die Messcontainer. Denn einfach irgendwo aufstellen dürfen die Kommunen diese auch nicht, erklärt Dauert. „Gemessen werden soll laut EU-Vorgaben grundsätzlich am Ort der höchsten Belastung, an dem sich Menschen langfristig aufhalten.“ Sie müssen demnach schon an besonders stark befahrenen Straßen aufgestellt werden.

Vor allem FDP und AfD hatten in der Vergangenheit immer wieder Zweifel an der Korrektheit der deutschen Messergebnisse geäußert. Die Landesverkehrsminister haben bereits im April eine Überprüfung der Standorte gefordert, doch Ergebnisse liegen bisher nicht vor – auch weil mehrere Bundesländer eine erneute Überprüfung offenbar für unnötig halten.

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