Metropolregion Hamburg: Masterplan gegen Klimawandel

Starkregen, Stürme, Hochwasser: Mit einem groß angelegten mehrjährigen Forschungsprojekt will die Metropolregion Hamburg einen Masterplan gegen die Folgen der Klimakatastrophe erarbeiten.

"Mühe gehabt, die Deiche zu halten." Die überflutete Altstadt von Hitzacker im August 2002. Bild: DPA

Manfred Nahrstedt weiß, wie der Klimawandel aussieht. "Wir haben bereits Probleme mit der Beregnung der Felder", sagt der Landrat des Kreises Lüneburg. Und an die "Jahrhunderthochwasser" auf der Elbe 2002 und 2005 möchte er am liebsten gar nicht zurückdenken: "Wir hatten größte Mühe, die Deiche zu halten und zu verhindern, dass der Landkreis absäuft." Grund genug für Nahrstedt, sich an "Klimzug-Nord" zu beteiligen. So heißt das Forschungsprojekt zum Klimawandel in der Metropolregion Hamburg, das am Mittwoch in der Fischauktionshalle auf dem St. Pauli Fischmarkt vorgestellt wurde - eine Örtlichkeit, die bei Hochwasser auf der Elbe mehrmals im Jahr "Land unter" melden muss.

Es gehe darum, "strategische Anpassungsansätze zum Klimawandel" zu entwickeln, sagte Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Denn der werde kommen, prophezeit der Mann, der als Bundesumweltminister einer schwarz-gelben Koalition in Berlin nach der Bundestagswahl im Gespräch ist. Binnen fünf Jahren soll deshalb ein abgestimmtes Handlungskonzept erarbeitet und ein bis 2050 reichender "Masterplan" erstellt werden.

An Klimzug-Nord, dem Kürzel für "Klimawandel zukunftsfähig gestalten", sind je sechs Hochschulen und Forschungseinrichtungen, elf Behörden und behördennahe Einrichtungen und zehn Unternehmen direkt beteiligt. Hinzu kommen zahlreiche weitere assoziierte Partner. Unterstützt wird das Projekt von allen acht niedersächsischen Landkreisen und sechs schleswig-holsteinischen Kreisen der Metropolregion (siehe Kasten). Das fünf Jahre laufende Projekt hat ein Gesamtvolumen von etwa 25 Millionen Euro. Den größten Teil steuert mit rund 15 Millionen Euro der Bund bei, Hamburg zahlt etwa 1,2 Millionen Euro. Die beteiligten Einrichtungen bringen erhebliche Eigenmittel auf, die Metropolregion Hamburg trägt Mittel aus den Förderfonds und die gemeinsame Pressearbeit bei.

Die 1995 gegründete Metropolregion Hamburg ist die größte in Deutschland und unter den fünf größten in der EU. Sie besteht aus der Hansestadt selbst, den sechs südlichsten Landkreisen Schleswig-Holsteins (Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg) und den acht nördlichsten Landkreisen Niedersachsens (Cuxhaven, Rotenburg, Stade, Soltau-Fallingbostel, Harburg, Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg). Auf 19.800 Quadratkilometern - größer als Schleswig-Holstein - leben mit rund 4,3 Millionen Einwohnern mehr Menschen als im Großraum Berlin, davon 1,75 Millionen in Hamburg und weitere 1,4 Millionen im so genannten Speckgürtel.

Die erwarteten Veränderungen, auf die reagiert werden müsse, stellte der Projektkoordinator, Helmut Thamer von der Harburger Firma Tu-Tech, vor. Die durchschnittlichen Temperaturen würden bis zum Ende des Jahrhunderts um 2,0 bis 3,5 Grad Celsius steigen, die Sommer würden trockener und die Winter nasser. Dadurch dürfte es vermehrt zu katastrophalen Überschwemmungen kommen. Stärkere Stürme mit durchschnittlich zehn Prozent höheren Windgeschwindigkeiten seien zu erwarten, ebenso Sturmfluten, die schon bis zum Jahr 2030 um durchschnittlich 23 Zentimeter höher als heute auflaufen. Andere Prognosen sprechen von Steigerungen von 45 bis 75 Zentimetern bis zum Ende des Jahrhunderts.

Daran knüpfen sich Fragen an, die in den nächsten fünf Jahren in drei Themenschwerpunkten untersucht und möglichst beantwortet werden sollen. Das Elbeästuar, die Zukunft der Kulturlandschaften sowie eine integrierte Stadt- und Raumplanung sollen unter die Lupe genommen werden.

Wie wirkt sich Starkregen lokal aus, wo werden die Grundwasserspiegel steigen, wo werden sie sinken? Welche Bäche und Elbzuflüsse werden austrocknen, wo werden die Deiche erhöht werden müssen? Werden neue Schädlinge den Obst- und Gemüseanbau im Alten Land heimsuchen? Und nicht zuletzt: Wie viel kostet der Klimawandel - volkswirtschaftlich, betriebswirtschaftlich, persönlich?

Einige dieser Fragen sollen in einem parallel laufenden Programm schon bald zumindest vorläufig beantwortet werden. Im nächsten Jahr will das Institut für Küstenforschung der GKSS in Geesthacht den ersten Zustandsbericht "Klimawandel Hamburg" vorlegen. Darin werden zurzeit alle seit Jahrzehnten erhobenen Daten systematisch zusammengetragen und mit Hilfe von Großrechnern analysiert.

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