Mexiko besiegt Frankreich: Der besondere Wille

Frankreich spielt extrem lustlos und bekommt von agilen und läuferisch starken Mexikanern prompt die Quittung. Damit ist der Vize-Weltmeister so gut wie ausgeschieden.

Resignierte Franzosen: Zwei WM-Spiele, kein Tor, ein Punkt. Bild: dpa

BERLIN taz | Was die Iren wohl davon halten? Nach einer alles in allem erneut enttäuschenden Leistung und einer 0:2 Niederlage gegen Mexiko muss Frankreich, einer der Favoriten und amtierender Vizeweltmeister, auf ein Wunder hoffen, um bei dieser WM nicht auszuscheiden.

Die Spieler der Grande Nation, die es nur durch ein Handtor gegen Irland in den Qualifikationsspielen überhaupt nach Südafrika geschafft hatten, blieben dabei den Beweis schuldig, was sie bei diesem Turnier überhaupt wollten. Javier Hernandez hatte Mexiko in der 63. Minute nach einem Zauberpass von Rafael Marquez und einer völlig missglückten Abseitsfalle der Franzosen in Führung gebracht. Der ebenfalls wie Hernandez eingewechselte Sturmveteran Cuauhtemoc Blanco erzielte durch einen berechtigten Foulelfmeter (79.) den Endstand. Nicht nur die Franzosen sind damit wohl aus dem Turnier, auch die Gastgeber aus Südafrika haben jetzt nur noch theoretische Chancen, die Vorrunde zu überstehen.Wenn Uruguay und Mexiko im letzten Spiel der Gruppe Unentschieden spielen, sind diese beiden Mannschaften weiter.

Eine WM-Spiel mit Fan-Gesängen anstatt der alles andere übertönenden Vuvuzelas? Gibt es das noch? Wer das nicht mehr für möglich gehalten hat, wurde diesmal eines Besseren belehrt. Ob es an der Trauer der Afrikaner über die voran gegangenen Niederlagen von Südafrika und Nigeria oder an der Überzeugungskraft der zahlreichen mexikanischen Fans lag, sei dahingestellt. Jedenfalls bot das Spiel zum ersten Mal bei dieser WM eine für europäische Ohren gewohnte Geräuschkulisse.

Frankreich - Mexiko 0:2 (0:0)

Frankreich: Lloris - Sagna, Gallas, Abidal, Evra - Toulalan, Diaby - Govou (69. Valbuena), Ribéry, Malouda - Anelka (46. Gignac)

Mexiko: Pérez - Osorio, Rodriguez, Moreno, Salcido - Juárez (55. Hernandez), Márquez, Torrado - dos Santos, Franco (62. Blanco), Vela (31. Barrera)

Schiedsrichter: Al Ghamdi (Saudi-Arabien)

Zuschauer: 35.370

Tore: 0:1 Hernandez (64.), 0:2 Blanco (79./Foulelfmeter)

Gelbe Karten: Abidal, Toulalan / Franco, Juárez, Moreno, Rodriguez

Und auch sonst brach die Begegnung mit einer Tradition dieser WM, der des zähen Spielbeginns. Vor allem die Mexikaner legten feurig los und gewährten den etwas gemäßigter startenden Franzosen kaum Verschnaufpausen. Schon in der 3. Minute traf Giovani Dos Santos den Pfosten – allerdings aus Abseitsposition. Kurz darauf verfehlten Carlos Vela und Carlos Sulcido knapp. Mit der Zeit kamen auch die Franzosen besser ins Spiel, allerdings ohne sich zunächst eindeutige Torchancen herauszuarbeiten. Trotzdem präsentierte sich die Mannschaft um einiges wacher, einsatzfreudiger und entschlossener als im Auftaktspiel gegen Uruguay. So entwickelte sich ein munteres Spiel, man merkte beiden Mannschaften an, dass sie unbedingt gewinnen wollten.

Mexiko startete erneut mit seiner Mischung aus 3-4-3 und 4-3-3, mit Rafael Marquez, der ein überragendes Spiel machte, als eine Art vorgeschobener Libero zwischen den Verteidigern Ricardo Osorio und Hector Moreno und den zentralen Mittelfeldspielern Efrain Juarez und Gerardo Torrado. Eine willkommene Abwechslung des bei dieser Weltmeisterschaft üblichen 4-2-3-1, das auch Frankreich wie erwartet aufbot. Auffallend im mexikanischen System waren erneut die beiden extrem offensiven Außenverteidiger Salcido und Francisco Rodriguez, die die französische Abwehr immer wieder in Schwierigkeiten brachten. Vor dem Tor ließen die Mexikaner aber zunächst, wie so oft, die nötige Kaltschnäuzigkeit vermissen. Wenn ein Schuss mal aufs Tor ging, war Frankreichs Torwart Hugo Lloris zur Stelle.

Bei Frankreich war die Frage, ob Trainer Raymond Domenech über seinen Schatten springen und Florent Malouda in die Startelf bringen würde. Der hat zwar eine tolle Saison beim englischen Double-Gewinner Chelsea hinter sich, wurde aber gegen Uruguay nur kurz vor Schluss eingewechselt. Angeblich hatte es zwischen Malouda und Domenech im Training heftig gekracht. Doch, der Erfolgsdruck mag den Ausschlag gegeben haben, diesmal durfte Malouda von Anfang an für den gegen Uruguay blassen Yoann Gorcouff ran.

Das hieß zudem, dass Franck Ribery von links ins Zentrum hinter der einzigen Spitze Nicolas Anelka (zur zweiten Halbzeit gegen Pierre André Gignac ausgetauscht) rückte, eine Position mit der er sich beim FC Bayern noch nie anfreunden konnte. Der gewünschte Effekt blieb dann zunächst auch aus. Gefährlich wurde es im mexikanischen Strafraum selten. Was vor allem daran lag, dass Ribery und Co. bei allem gesteigerten Einsatz erneut wenig Überraschendes produzierten und immer wieder in der vielbeinigen mexikanischen Abwehr hängen blieben.

Bezeichnend war auch, dass die Franzosen nach dem mexikanischen Führungstor, das zu dem Zeitpunkt etwas überraschend fiel, nicht einmal den Ansatz eines Aufbäumens zeigten. Seltsam apathisch bewegte sich die Mannschaft über den Platz. Es schien allen Beteiligten kaum etwas auszumachen, bei dieser WM auszuscheiden. Ribery grinste sich eins, und auch Trainer Domenech, dessen Demission schon vor dem Turnier feststand zeigte keinerlei Emotion.

Dabei mussten sie eigentlich nur den Mexikanern zuschauen, um zu sehen, wie Leidenschaft aussieht. Die große Zeit dieser Fußballnation scheint endgültig vorbei, hoch dekorierte Spieler wie William Gallas und Sidney Govou scheinen keine Lust mehr zu haben. Und auch jüngere Spieler wie der eingewechselte Gignac geben kaum Anlass zu allzuviel Hoffnung. Domenechs Nachfolger Laurent Blanc, einer der WM-Helden von 1998, wird alle Hände voll zu tun haben, Frankreich wieder in die Nähe einstiger Höhen zu bringen.

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