Mieten: Gut, aber nicht gut genug

Senat hat 2012 mit den Wohnungsbaugesellschaften ein Bündnis geschlossen. In Pankow gehen Bezirk und Gesobau nun einen Schritt weiter.

Gutes Marketing: Bei der GESOBAU kommen alle unter Bild: taz

Der Tumult dauerte nicht lange. Die grüne Bauexpertin Katrin Schmidberger hatte der SPD vorgeworfen, das Thema Mieten lange verschlafen zu haben. Was selbst Bausenator Michael Müller (SPD) inzwischen einräumt, war bei einer SPD-Abgeordneten noch nicht angekommen. Sie bescheinigte Schmidberger, „nicht mehr alle zu haben“, und deutete die entsprechende Handbewegung an. Schmidberger forderte eine Entschuldigung, doch der grüne Ausschussvorsitzende Andreas Otto hatte – angeblich – nichts gesehen. Otto mahnte zu einer sachlichen Debatte.

Die ist auch nötig bei einem Thema, bei dem der Teufel im Detail steckt. Im September 2012 hatte der Senat mit den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein „Bündnis für soziale Mieten“ geschlossen. Angesichts deutlicher Mietsteigerungen, so der Gedanke, sollten Gesobau und Co. mietpreisdämpfend wirken. Also verpflichteten sich die Gesellschaften, bei Modernisierungen in ihren 286.000 Wohnungen nicht mehr elf, sondern nur noch neun Prozent auf die Miete umzulegen.

Härtefallregelungen wurden zudem vereinbart, und außerdem sollte innerhalb des S-Bahn-Rings jede zweite Wohnung an einen Bewerber mit Wohnberechtigungsschein gehen. Hundert Millionen Euro Verlust durch die sechs Gesellschaften hatte das Parlament im Haushalt veranschlagt.

Zwar ist eine erste Bilanz des Bündnisses erst im März vorgesehen, eine politische Bewertung gab es aber schon bei einer Anhörung im Bauausschuss am Mittwochnachmittag. Auf dem Prüfstand stand dabei auch eine Rahmenvereinbarung, die das Bezirksamt Pankow am Dienstag mit der Gesobau unterzeichnete.

Katrin Lompscher (Linke) räumte zwar ein, dass das Pankower Bündnis weitergehe als das Mietenbündnis des Senats. „Doch es ist nur eine kleine Gruppe, die vor Verdrängung geschützt wird“, kritisierte Lompscher. Dies betreffe vor allem die Härtefälle. Bei normalen Modernisierungen aber würden die Mieten den Mietspiegel übersteigen. „Das ist nicht mietpreisdämpfend.“

Martin Engelmann von der Initiative Pankower Mieterprotest, ohne deren Druck der Rahmenvertrag im Boom-Bezirk wohl nicht zustande gekommen wäre, teilte die Kritik. Vor allem die Betriebskosteneinsparungen, die die Gesellschaften nach einer Modernisierung veranschlagten, seien viel zu hoch. Genau das aber treibe die Mieten hoch, erklärte Engelmann. Schließlich lege das Berliner Bündnis fest, dass die Miete nach der Modernisierung einer Wohnung um die Summe jener Einsparung über dem Mietspiegel liegen dürfe. „In Wirklichkeit sind die Einsparungen aber niedriger“, sprang der Chef des Mietervereins, Reiner Wild, dem Pankower Mieterprotest zur Seite.

Ein weiterer Kritikpunkt war die Härtefallregelung. Wenn eine Mieterhöhung dazu führt, dass ein Haushalt mehr als ein Drittel des Einkommens für die Miete zahlen muss, muss es eine Einzelfallprüfung geben. „Entscheidend ist aber nicht die Warmmiete, sondern die Kaltmiete“, so Wild.

Christian Wilkens, Finanzvorstand bei der Gesobau, kannte das Problem – und signalisierte Gesprächsbereitschaft. Allerdings sei auch die Wirtschaftlichkeit für sein Unternehmen wichtig, betonte er. „Wir sind da sehr moderat, aber wir wollen auf einen Zeitraum von zehn Jahren eine positive Rendite.“ Allerdings belastet das Bündnis die Wohnungsgesellschaften bislang weniger als erwartet. Nur etwa 20 Millionen statt 100 Millionen Verlust erwarten die Gesellschaften. Der Grund: „Wir haben weit weniger Härtefalle als erwartet“, so Gesobau-Vertreter Wilkens.

Der Baustadtrat von Pankow, Jens-Holger Kirchner, bezeichnete das Pankower Bündnis vom Dienstag auch als Modell für andere Bezirke. „In der Rahmenvereinbarung mit der Gesobau steht, dass alle Modernisierungen durch eine unabhängige Mieterberatung bewertet werden“, freute er sich. Den Linken war das aber nicht genug. „Ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht gut“, meinte Katrin Lompscher.

Einen Tumult gab es nicht mehr. Wohl auch deshalb, weil der Vertreter des Senats, Bau-Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD), versprach, die Kritik bei der Überarbeitung des Berliner Bündnisses ernst zu nehmen.

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