Mieter muss weichen: Land lässt räumen

Am Donnerstag sollen ein schwerbehinderter Mieter und seine Familie in Charlottenburg zwangsgeräumt werden – vom landeseigenen Wohnungsunternehmen Gewobag.

Gegen Zwangsräumung. Bild: dpa

Am heutigen Donnerstag will das landeseigene Wohnungsunternehmen Gewobag den Mieter Mohamed S. räumen lassen – trotz Protesten und Versuchen von politischer Seite, die Räumung zu stoppen. Mohamed S. wohnt seit 36 Jahren in der Wohnung in Charlottenburg. Seit einem Schlaganfall ist er schwerbehindert. Das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ kritisiert die Räumung scharf und kündigt weiteren Protest gegen die Räumung an.

Als „absolut unverantwortlich“ kritisiert David Schuster von dem Bündnis die Räumung. Sowohl S. als auch seine Lebensgefährtin erhielten Grundsicherung und hätte kaum Chancen, angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt eine neue Wohnung zu finden. „Wo soll er eine Wohnung finden, wenn nicht bei einem landeseigenen Unternehmen? Und für wen sind Härtefallregelungen gedacht, wenn nicht für diesen Fall?“ S. sei körperlich kaum fähig, den derzeitigen Stress durchzuhalten.

Unterstützer der Familie hatten bereits am Montag dieser Woche mehrere Politiker besucht. Unter anderem die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Franziska Becker und Frederic Verrycken (beide SPD) setzten sich für die Familie ein. Ein von Verrycken organisiertes Mediationsgespräch zwischen dem Mieter und der Gewobag am Dienstag sagte die Gewobag kurzfristig ab. Rund zwölf Unterstützer besetzten daraufhin am gestrigen Mittwoch das Büro von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Müller lehnte jedoch eine politische Lösung ab. Die Sprecherin der Senatsverwaltung, Daniela Augenstein, sagte der taz, sie hätten sich auch von der Gewobag den Fall schildern lassen. „Wir erwarten von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eine gewisse Sensibilität in solchen Fällen. Es gibt verabredete Verfahren, die eingehalten werden müssen.“ Die Verwaltung sehe aber nicht, dass diese beiden Grundsätze verletzt worden seien.

Die Gewobag sagte der taz, man habe S. zahlreiche Hilfen angeboten, nachdem dieser ab 2004 wegen Kürzungen des Jobcenters in Zahlungsrückstand geraten war. „Leider ist unsere ausgestreckte Hand von Herrn S. immer wieder abgelehnt worden“, sagte Gabriele Mittag, Sprecherin der Gewobag. Bereits im April 2013 war ein erster Räumungstermin nach Protesten gestoppt worden. Laut Gewobag ist danach eine Vereinbarung geschlossen worden, wie der Mieter Mietschulden und Verfahrenskosten abtragen solle. Diese sei allerdings nicht eingehalten worden. Das Amtsgericht Charlottenburg habe laut Gewobag keine soziale Härte erkennen können und die Gewährung von Räumungsschutz abgelehnt. Die Gewobag betonte, das Schicksal der Mutter und des Kindes liege ihr am Herzen, das Jugendamt sei informiert. Dem Sozialamt sei es gelungen, „für Herrn S. sowie Mutter und Kind eine Unterkunft zu finden“, so Mittag. Mieter sowie Unterstützer sagten am Mittwoch allerdings, sie hätten darüber nichts in Erfahrung bringen können.

Laut der Initiative verlangt die Gewobag vom Mieter die Zahlung von 7.000 Euro Mietschulden und 9.000 Euro Verfahrenskosten, verweigert jedoch eine genaue Auflistung, wie es zu dieser Summe komme. Die Schulden seien durch Fehler des Jobcenters entstanden, die Übernahme der vollen Miete habe erst vor Gericht eingeklagt werden müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.