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Migration nach GriechenlandSchutzsuchende unerwünscht

Fußfesseln und hohe Geldstrafen: Die Regierung in Athen hat ein neues Migrationsgesetz verabschiedet. Von Linken, NGOs und UN kommt Kritik.

Foto: Petros Giannakouris/AP/dpa

Athen taz | Tief in der Nacht zum Mittwoch war es so weit: Erwartungsgemäß hat das Athener Parlament ein neues Migrationsgesetz verabschiedet. Den Entwurf dafür hatte das Athener Ministerium für Migration und Asylwesen eingereicht. Es bedeutet eine weitere Verschärfung im ohnehin äußerst rigiden Migrations- und Asylkurs der konservativen Regierung unter Premier Kyriakos Mitsotakis.

Die Kernpunkte: Erstmals wird ein „zwingender Grund“ für die Einreiseverweigerung bei einer „Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit“ eingeführt. Ferner wird der illegale Aufenthalt in Griechenland fortan unter Strafe gestellt. Dafür ist eine Freiheitsstrafe von zwei bis fünf Jahren sowie eine Geldstrafe von mindestens 5.000 Euro fällig. Nur falls der Straftäter freiwillig ausreist, tritt eine Aussetzung der Strafen ein. Die illegale Wiedereinreise von Menschen, die auf einer Liste „unerwünschter Personen“ stehen, wird mit Freiheitsstrafen von mindestens drei Jahren belegt, Geldstrafen erhöhen sich auf mindestens 10.000 Euro.

Zudem wird die Frist für die freiwillige Ausreise von bisher 25 Tagen auf 14 Tage verkürzt. Nur in Ausnahmefällen kann sie auf 60 Tage statt wie bisher auf 120 Tage verlängert werden. Die griechischen Behörden dürfen dem zur Rückkehr verpflichteten Personen elek­tronische Fußfesseln zur Überwachung anlegen.

Es handele sich um „eine Zwischenlösung zwischen völliger Freiheit und Inhaftierung“, so das Migrationsministerium. Die freiwillige Ausreise könne so „besser kontrolliert werden.“ Stichwort Knast oder Rückkehr: Wer Griechenland ohne Einreiseerlaubnis erreicht, sieht sich künftig einer Verwaltungshaft von bis zu 24 Monaten ausgesetzt.

UN-Flüchtlingskommissar übt scharfe Kritik

Ferner wird der Begriff „Rückkehrland“ erweitert. Er umfasst fortan nicht nur das Land des gewöhnlichen Aufenthalts, sondern auch „sichere Drittländer“ sowie das erste Asylgewährungsland. Rückführungen sollen beschleunigt und sogenanntes Asylshopping, also die Weiterreise in Länder, die vermeintlich bessere Asylbedingungen bieten, verhindert werden. Obendrein wird die bisher gewährte Legalisierung nach einem illegalen Aufenthalt von sieben Jahren abgeschafft. Anträge auf internationalen Schutz einzureichen, wird erschwert, um – wie es dazu offiziell heißt – „missbräuchliche Praktiken“ zu verhindern.

Mitsotakis und Co feierten sich mit Blick auf den neuen gesetzlichen Rahmen. „Ich sage das mit großem Stolz: Ich bin froh, Minister dieser Regierung zu sein. Wem Asyl verweigert wird und wer gegen griechisches Recht verstößt, indem er sich illegal im griechischen Hoheitsgebiet aufhält, wird verhaftet, elektronisch überwacht und strafrechtlich verfolgt“, prahlte Migrationsminister Thanos Plevris.

Demgegenüber übten die Sozialdemokraten und die linke Athener Opposition, NGOs sowie der UN-Flüchtlingskommissar scharfe Kritik an dem neuen Gesetz. Die griechische Vereinigung der Verwaltungsrichter monierte, die Migrations- und Flüchtlingsfrage könne „nicht mit Repression und der Verschärfung der Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen oder Asyl behandelt werden“.

Erst am 11. Juli hatte die Regierung Mitsotakis eine Asylneuregelung im Athener Parlament verabschiedet. Personen, die mit Transportmitteln auf dem Seeweg aus Nordafrika ins Land kommen, sollen vorübergehend keine Asylanträge mehr stellen können. „Diese Personen werden ohne Regis­trierung in das Land der Abreise oder der Herkunft zurückgeführt“, heißt es dort. Die Neuregelung gelte für drei Monate.

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1 Kommentar

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  • Kritik müsste hier auch von Seiten der EU-Kommission und von anderen EU-Staaten kommen. Die Standards für die Behandlung von Asylsuchenden muss in allen EU-Staaten in etwa gleich sein, und zwar gleich hoch. Die (nicht nur) in Griechenland geübte Praxis sorgt dafür, dass die Menschen versuchen, in andere Staaten mit besseren Bedingungen zu gelangen. Und das ist in den meisten Fällen eben Deutschland.



    Diese gemeinsamen Standards müssen Teil einer gemeinsamen EU-Flüchtlingspolitik sein, sonst hat das alles keinen Sinn. Damit darf auch kein EU-Mitglied alleingelassen werden (im guten wie im schlechten Sinn).