Migrationspolitik USA: Razzien und Kriegsrhetorik
US-Behörden nehmen 475 südkoreanische Hyundai-Arbeiter mit Verdacht auf Einreisedelikte fest. Trump droht Städten derweil erneut mit Nationalgarde.
Die Razzien der Einwanderungsbehörde ICE, die in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu Protesten geführt haben, gehen unvermindert weiter. Am Samstag wurden während einer Großrazzia im US-Bundesstaat Georgia fast 500 Menschen verhaftet, die meisten davon aus Südkorea. Videos in den sozialen Medien zeigen, wie Agenten der Einwanderungsbehörde Mitarbeiter der Batteriefabrik aufreihten, befragten und durchsuchten. Razzien dieser Art haben unter der aktuellen US-Regierung stark zugenommen und sind Teil der von Präsident Donald Trump versprochenen größten Massenabschiebungskampagne in der Geschichte der USA.
Der Großeinsatz ereignete sich auf einer im Bau befindlichen Batteriefabrik für Elektrofahrzeuge, ein Gemeinschaftsprojekt der südkoreanischen Konzerne Hyundai und LG Energy. US-Bundesbehörden durchsuchten zusammen mit ICE-Agenten die Baustelle und verhafteten 475 Arbeiter:innen. Ihnen wird vorgeworfen, sich entweder illegal in den USA aufzuhalten oder kein Arbeitsrecht zu besitzen. Beides würde die Arbeit auf der Baustelle verbieten. Das Ziel der Razzia sei es, „gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu gewährleisten, die sich an die Gesetze halten“, erklärte Steven Schrank, Spezialagent der Heimatschutzbehörde, während einer Pressekonferenz.
Neben der Größe der Razzia war auch der Einsatzort selbst erwähnenswert. Die Batteriefabrik in Georgia ist Teil eines der größten Industrieprojekte in der Geschichte des Bundesstaates. Erst im März eröffnete Hyundai eine neue 7,6 Milliarden Dollar teure Produktionsstätte für Elektrofahrzeuge. Die Investitionen in E-Mobilität und Batterietechnologie wurde in den vergangenen Jahren von vielen Politikern als wegweisend bejubelt.
Steven Schrank, Spezialagent der Heimatschutzbehörde
Der republikanische Gouverneur des Bundesstaates, Brian Kemp, und andere republikanische Landespolitiker erklärten in einer Stellungnahme am Freitag, dass sich alle Arbeitgeber an das Gesetz halten müssten. Ein Sprecher für Hyundai erklärte, dass mit den Behörden kooperieren würde.
Mega Investition aus Südkorea
Laut dem südkoreanischen Außenministerium seien mehr als 300 südkoreanische Staatsbürger:innen unter den verhafteten Arbeitnehmern. Sobald die Untersuchungen der US-Behörden abgeschlossen seien, werde die Regierung von Südkoreas Präsident Lee Jae Myung alle Staatsbürger per Charterflug zurück in die Heimat holen, hieß es am Sonntag. Die Razzia ereignet sich nur etwas mehr als eine Woche, nachdem sich Lee und Trump im Weißen Haus zu Gesprächen getroffen hatten. Lee versprach damals, dass koreanische Firmen in den kommenden Jahren weitere 150 Milliarden Dollar in den USA investieren würden.
Die Frage, ob sich die Einwanderungspolitik der US-Regierung negativ auf die Wirtschaftspläne auswirken könnte, ließ Trump unbeantwortet. Er sagte nur, dass ICE-Agenten einen guten Job machten. „Sie sind illegal eingereist … Also müssen wir unsere Arbeit machen“, sagte er auf die Frage eines Journalisten am Freitag.
Arbeitsplatz-Razzien sind an und für sich nichts Ungewöhnliches. Bislang lag der Fokus allerdings auf kleineren Betrieben wie Restaurants, Hotels und Landwirtschaftsunternehmen. Im ersten Halbjahr hat die Trump-Regierung knapp 150.000 Menschen abgeschoben. Sollte sich dieser Trend auch in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen, dann wäre es die höchste Zahl seit dem Jahr 2014. Damals wurden unter Ex-Präsident Barack Obama 314.000 Menschen aus den USA abgeschoben.
„…warum es Kriegsministerium heißt.“
Neben dem harten Durchgreifen beim Thema Einwanderung behauptet Trump auch, der Kriminalität in Großstädten Einhalt gebieten zu wollen. Wie schon in der Hauptstadt Washington soll die Nationalgarde nun auch in andere Städte entsandt werden. Ganz oben auf Trumps Liste steht Chicago. „Chicago wird bald herausfinden, warum es Kriegsministerium heißt“, erklärte Trump auf Truth Social am Samstag. Der Post ist eine Anspielung auf Trumps Dekret vom Freitag, der das Verteidigungsministerium in Kriegsministerium umbenannte. Andere Städte wie Baltimore und New Orleans wurden vom US-Präsidenten in den vergangenen Wochen ebenfalls als mögliche Einsatzorte genannt.
In der vergangenen Woche entschied ein Richter in Kalifornien, dass die Entsendung von Soldaten unrechtmäßig war, da diese Aufgaben der nationalen Strafverfolgung übernommen hatten.
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