Militärputsch nach Referendum: Machtprobe in Madagaskar

Am Tag eines international nicht anerkannten Referendums über die Verfassung erklären Militärs den Sturz des Präsidenten, den sie selbst einst an die Macht brachten.

Hat er die Macht noch in den Händen? Präsident Andre Rajoelina soll abgesetzt worden sein. Bild: dapd

Auf dem Inselstaat Madagaskar hat am Mittwoch offenbar ein Teil des Militärs die Macht übernommen. General Noel Rakotonandrasana und Oberst Charles Andrianasoavina erklärten am Flughafen der Hauptstadt Antananarivo, die Institutionen seien aufgelöst und ein Militärrat führe ab jetzt die Regierungsgeschäfte.

"Die Nation braucht uns", behauptete der Oberst in einer vor Kameras verlesenen Erklärung. Nach Aufrufen an die Bevölkerung, die Putschisten zu unterstützen, blockierten Demonstranten am Flughafen die Straßen mit brennenden Autoreifen. Die bisherige Regierung sagte, sie werde zunächst nichts unternehmen, was ein Signal entweder für die Machtlosigkeit der Regierung oder für die der Putschisten war.

Madagaskar steckt in der Krise, seit im März 2009 das Militär den gewählten Präsidenten Marc Ravalomanana stürzte und den jungen Bürgermeister der Hauptstadt, Andre Rajoelina, an die Macht brachte. Zuvor waren Massenproteste gegen Ravalomanana blutig von der Präsidialgarde zusammengeschossen worden. Der gestürzte Präsident ging ins südafrikanische Exil, Rajoelina bildete eine international nicht anerkannte Regierung, internationale Vermittlungsversuche scheiterten.

Im September ließ Rajoelina einseitig auf einer "Nationalkonferenz" ein Referendum über eine neue Verfassung in Vorbereitung für Wahlen 2011 beschließen. Der Verfassungstext setzt das Mindestalter für einen Präsidentschaftskandidaten von 40 auf 35 Jahre herab, was dem derzeit 36-jährigen Rajoelina eine Kandidatur ermöglicht, obwohl alle internationalen Vermittlungen bisher vom Prinzip ausgingen, dass keiner der bisherigen Kontrahenten zu Neuwahlen antritt.

Oppositionsproteste dagegen wurden vor einer Woche in der Hauptstadt gewaltsam niedergeschlagen, und seither kursierten Gerüchte über Putschpläne. Vor der gestrigen Abstimmung hatte Frankreichs Botschaft alle Ausländer in Antananarivo aufgerufen, vorsorglich zu Hause zu bleiben, und die USA hatten erklärt, sie würden das Referendum nicht anerkennen. Unabhängigen Beobachtern zufolge ging kaum jemand wählen, die Straßen blieben weitgehend leer.

Die Militärs, die jetzt die Machtergreifung für sich beanspruchen, sind identisch mit denen, die Rajoelina im März 2009 an die Macht gebracht hatten. General Rakotonandrasana war danach Armeeminister geworden, wurde aber nach einer Armeemeuterei zu Ostern 2010 wieder abgesetzt. Er gehörte allerdings dem Vorbereitungskomitee der Nationalkonferenz vom September an.

So ziehen die Putschisten von 2009 jetzt die Marionette wieder heraus, die sie einst an die Staatsspitze gehievt hatten. Ob sich Rajoelina das gefallen lässt, war am Mittwochabend noch ebenso unklar wie die Frage, wer nun tatsächlich die Macht auf Madagaskar innehat.

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