Militärreform in Argentinien geplant: Gegen die unkonkrete Bedrohung

Argentiniens Präsident Mauricio Macri will das Militär auch im Innern einsetzen. Das ist seit der letzten Militärdiktatur verboten.

Auf einer Basis in Argentinien: Im Vordergrund sind zwei Männer in zivil, im Hintergrund verschiedene Uniformierte zu erkennen.

„Unsere Streitkräfte müssen fähig sein, den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts entgegenzutreten,“ sagt Argentiniens Präsident Macri Foto: ap

BUENOS AIRES taz | Argentiniens konservativer Präsident Mauricio Macri will das Militär auch im Innern einsetzen. „Das Militär muss seinen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten“ verkündete Macri am Montag im Militärstützpunkt Campo de Mayo. Nach dem Willen des Präsidenten sollen Soldaten zukünftig im Kampf gegen Drogenhandel und Terrorismus eingesetzt werden, sowie zur Sicherung strategischer Orte.

„Wir leben in einer Zone des Friedens und Stabilität, aber unsere Streitkräfte müssen fähig sein, den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts entgegenzutreten,“ so Macri. Er kündigte eine grundlegende Restrukturierung der Streitkräfte an.

In Argentinien darf das Militär nicht für innere Angelegenheiten eingesetzt werden. Das ist in drei Gesetzen festgeschrieben. Lediglich logistische Hilfe war bis 2006 erlaubt. Doch selbst die wurde von dem damaligen Präsidenten Néstor Kirchner per Dekret untersagt. Diese Anordnung hat Macri jetzt aufgehoben. Um die bestehenden Gesetze zu ändern, bedarf es allerdings der Zustimmung des Kongresses. In beiden Kammern hat der Präsident jedoch keine Mehrheit.

Der Militärstützpunkt Campo de Mayo, den Macri für seine Erklärungen gewählt hatte, ist einer der symbolträchtigsten Orte der blutigen Militärherrschaft 1976 bis 1983. Seit dem Ende der Diktatur bestand ein weitreichender gesellschaftlicher Konsens, dass die Militärs sich ausschließlich auf die Landesverteidigung zu beschränken haben.

Wofür das Militär eingesetzt werden soll, ist unklar

Dass dieser Konsens aufgeweicht werden soll, belegen die Aussagen von Sicherheitsministerin Patricia Bullrich. Man solle den Militärs die Chance geben, sich in die Demokratie zu integrieren, so Bullrich. „Vor 35 Jahren endete die Diktatur und seit 30 Jahren sind unsere Streitkräfte paralysiert,“ sagte Bullrich, die auch für die Sicherung des G-20-Treffens im November in Buenos Aires zuständig ist.

Macris Vorstoß ist höchst umstritten. Für Paula Litvachky von der Menschenrechtsorganisation CELS stehen hinter den mutmaßlichen Bedrohungen des 21. Jahrhunderts Konzepte aus den USA. „Niemand weiß, um welche konkreten Bedrohungen gegen Argentinien es geht und warum Argentinien dagegen intervenieren sollte.“ Macris Aussage, das Militär müsse seinen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten, lasse jedwede Spekulation zu.

Völlig offen sei, was als strategische Orte zu gelten habe. Werde beispielsweise das Frackinggebiet Vaca Muerta im Süden des Landes dazu erklärt und Soldaten gegen den Protest des Mapuchevolkes eingesetzt?, fragt Litvachky. „In Zeiten der sozialen Konflikte braucht die Regierung einen überdimensionierten Sicherheitsapparat, “ so ihr Fazit.

In jüngster Zeit hatte es zwischen Regierung und Militärs kräftig geknirscht. Zum einen wegen der Ungereimtheiten beim Verschwinden und der noch immer erfolglosen Suche nach dem gesunkenen U-Boot „ARA San Juan“ und seiner 44-köpfigen Besatzung im November vergangenen Jahres.

Und zuletzt am 9. Juli, als die traditionelle Militärparade zum Unabhängigkeitstag erstmals abgesagt wurde, da die Regierung Proteste von Militärangehörigen gegen die niedrige Besoldung und den schlechten Zustand bei der Ausrüstung befürchtete.

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