Millionenklage wegen Musik-Streaming: Der Marktführer schlägt zu

Die Universal Music Group verklagt den Musik-Streamingdienst Grooveshark. Wegen illegal angebotener Musik will der Konzern rund 100 Millionen Dollar Schadensersatz.

Muss an Universal vielleicht 100 Millionen Dollar Strafe zahlen: Grooveshark. Bild: screenshot/grooveshark.com

BERLIN taz | Universal, nach dem milliardenschweren Zukauf der Tonträgersparte des vormaligen Konkurrenten EMI mit einem deutlichen Vorsprung weltweiter Marktführer in der Musikindustrie, weitet seine Aktivitäten auch im Internet in großem Stile aus. Der iTunes-Store von Apple hat den Backkatalog des Labels schon seit 2003 im Angebot, seit Juni diesen Jahres stehen die Produkte von Universal Music auch im Streaming Service Apples, der iCloud, zur Verfügung.

Außerdem besteht ein Lizenzvertrag mit dem international operierenden Streamingdienst Spotify, der sein Geschäft in naher Zukunft auch nach Deutschland ausdehnen will. Da nimmt es nicht wunder, dass Universal rechtlich gegen den mutmaßlich größten, aber an der Grenze zur Legalität arbeitenden Musik-Streamer Grooveshark vorgeht.

Nach Angaben des Dienstes nutzen rund 35 Millionen Menschen die Möglichkeit, jederzeit Zugriff auf einen überaus umfangreichen Katalog zeitgenössischer Musik zu haben. Der Großteil des Angebots ist dabei ähnlich wie bei Youtube von den Nutzern selber auf die Plattform geladen, was zumindest in den Vereinigten Staaten bislang von der rechtlichen Grauzone des sogenannten „Safe Haven“ gedeckt wird.

Die Gesetzeslage schützt Anbieter von Internetdiensten nämlich vor Schadensersatzklagen bei Rechteverletzungen ihrer Nutzer, solange sie das Angebot nach einem entsprechenden Hinweis von ihrem Server entfernen. Diese Regelung hat einige Label veranlasst, zähneknirschend Lizenzverträge mit Diensten wie Grooveshark abzuschließen.

Server bald abgeschaltet?

Nicht so Universal: Bereits im vergangenen Jahr versuchte der Branchengigant vergeblich, Grooveshark mit einer Klage in die Knie zu zwingen. In einer Mischung aus Haarspalterei und Großspurigkeit dozierte der Grooveshark-Sprecher Paul Geller damals öffentlich noch über den Unterschied zwischen kommerzieller Lizensierung und gesetzlicher Legalität. Dieses Mal jedoch könnten die Lichter für den Streamingdienst endgültig ausgehen, behauptet Universal doch, dass Mitarbeiter Groovesharks, inklusive des Gründers Sam Tarantino, selber unzählige Titel hochgeladen haben, von denen sie wissen mussten, dass die Rechte nicht bei ihnen lagen. Die „Safe Haven“-Regelung würde in diesem Falle tatsächlich nicht greifen können.

Universal setzt den Streitwert derzeit bei 150.000 Dollar pro wissentlich illegal angebotenem Stück an, was sich bei dem vermuteten Umfang der Klage auf bis zu 100 Millionen Dollar summieren kann. Nimmt ein US-amerikanisches Gericht die Klage an, kann mit einer zügigen Abschaltung der Server gerechnet werden, ähnlich wie im Falle der Torrentsuchmaschine Pirate Bay oder von Anbietern gestreamter Filme, wie TV Shack.

Die Dämonisierung illegaler Downloads und die Verfolgung von Privatpersonen wird hier durch den vermutlich weitaus wirksameren Angriff auf jene Anbieter nicht lizensierter Musik ergänzt, mit denen keine geschäftliche Einigung gefunden wurde. Dieses Vorgehen weist auf eine Strategie im Umgang mit den sich rasant verändernden Bedingungen des Musikmarkts hin, die für die großen Labels erfolgversprechender ist als die bisher oft zu beobachtende Verweigerungshaltung gegenüber den gar nicht mehr so neuen Medien.

Dass davon entgegen aller Beteuerungen nicht unbedingt kleine Labels und die Künstlerinnen und Künstler profitieren, zeigt die aktuelle Debatte um den Dienst Spotify, in deren Zuge bereits mehrere Independent-Labels ihre Kataloge zurückgezogen haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.