Minister führen Gay Pride in Kroatien: CSD an der Adria

Trotz Widerstands der katholischen Kirche und von Teilen der Bevölkerung demonstrieren Schwule und Lesben in Split. Unterstützt werden sie vom Staatspräsidenten.

So bunt es in Split zugehen. Bild: dapd

SPLIT taz | „Wir sind ein katholisches Land, ich will diese Leute hier nicht haben“, sagt Ivo, ein Fischer aus dem Dorf Slatine auf der Insel Ciovo, das zur dalmatinischen Hafenstadt Split gehört. Schon im vergangenen Jahr habe er gegen die Schwulen und Lesben demonstriert, weil sie „unsere Kinder verderben. Und jetzt kommen sie schon wieder.“

Im Vorjahr kam es zu Ausschreitungen Zehntausender, die gewaltsam gegen die 300 demonstrierenden Lesben und Schwulen vorgingen. Diese waren den Aufrufen der Homoorganisationen Kontra und Iskora gefolgt. Nur mit Mühe konnte die Polizei Schlimmeres verhüten, der Gay Pride wurde abgebrochen, die Demonstranten in Sicherheit gebracht. Hunderte Angreifer wurden festgenommen, 64 verurteilt.

Das scheint die Mobilisierung der homophoben Einwohner von Split nicht zu beeinträchtigen. Schon lange vor der diesjährigen Demonstration am Samstag schlug das Ereignis wieder hohe Wellen. Die Vertreter von rechten und konservativen Organisationen und Parteien sprachen sich einhellig gegen das öffentliche Auftreten der Lesben und Schwulen aus. Die Stadtverwaltung entschied deshalb vor einer Woche, die Demonstration in die Außenbezirke zu verlegen.

Doch da hatte die Stadt noch nicht mit der Intervention des Innenministers Ranko Ostojic gerechnet. Die Parade soll nach dem Willen der sozialdemokratischen Regierung Kroatiens doch an der Riva stattfinden. Mehr noch: Staatschef Ivo Josipovic erklärte, die Mehrheit in Kroatien verteidige europäische Werte, der Gay Pride müsse stattfinden. Insgesamt sechs Minister – unter anderem Innen- und Außenminister – werden die Demonstration anführen.

Die EU und die USA schicken Beobachterdelegationen. 900 bewaffnete Polizisten werden diesmal die Demonstration absichern. Die rechtskonservative Zeitschrift Hrvatski List rief zwar zu friedlichem Protest auf, doch geben ihre Veröffentlichungen einen Einblick in das Seelenleben der Homohasser. Kroaten seien ein katholisches Volk, das von den kommunistischen Partisanen, den serbischen Tschetniks und vom britischen Imperialismus zerstört werden soll. „Auf dem gleichen Platz, wo unsere Heiligen gefeiert werden, wollen sie nun die Luft verpesten, die Mauern unserer Stadt bepissen, sie wollen Split vergewaltigen […] Wir müssen uns verteidigen.“

Nicht die kroatischen Organisationen Kontra und Izkora hätten den Gay Pride organisiert, sondern die Freimaurer. Vor 20 Jahren hätten sie die serbischen Faschisten dazu benutzt, Kroatien zu zerstören, „jetzt verfolgen sie mit den Homosexuellen das gleiche Ziel“. Wer glaubte, solche abenteuerlichen Theorien könnten auf keinen fruchtbaren Boden fallen, sieht sich bald getäuscht. Auch in der Hafenbar des Dorfes sorgt diese Theorie für Gesprächsstoff. „Unsere heilige Kirche soll zerstört werden“, sagt ein Gast.

Die wichtigste Zeitung der Region, die ehemals konservative Slobodna Dalmatija, hat immerhin einige prominente Künstler und sogar einige Priester zu Wort kommen lassen, die sich für den Gay Pride aussprechen. Es komme darauf an, eine Konfrontation zu verhindern, erklärte einer ihrer Redakteure gegenüber der taz.

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