Missbrauchsbeauftragter über Strafrecht: Gesetzentwurf zu lasch

Der Missbrauchsbeauftragte Rörig will mehr Unterstützung für Betroffene in Strafprozessen. Etwa eine kostenlose Rechtsberatung.

„Die Beweislage ist oft schwierig“, sagt Johannes-Wilhelm Rörig. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes Wilhelm Rörig, will den Gesetzentwurf zum Sexualstrafrecht von Justizminister Heiko Maas erweitern. Grundsätzlich sei der Entwurf ein „begrüßenswerter Reformvorschlag“, erklärte Rörig am Donnerstag vor JournalistInnen in Berlin. Er habe aber einige weitergehende Forderungen.

So werde die Strafbarkeitslücke beim Missbrauch von Schutzbefohlenen nicht vollständig geschlossen. Zwar beziehe der Entwurf nun Groß- und Stiefeltern ebenso mit ein wie Vertretungslehrer in der Schule. Doch müsse auch das nicht-pädagogische Personal in Schulen und Heimen mit zur Zielgruppe gehören, etwa Busfahrer oder Hausmeister.

Zudem werden die Betroffenen, die sich zu einer Strafanzeige entschließen, nach Ansicht Rörigs zu wenig unterstützt. Sie sollten einen Anspruch auf eine kostenlose Rechtsberatung vor dem Stellen der Anzeige erhalten, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen. „Die Beweislage ist in diesen Fällen oft schwierig“, so Rörig. Das Opfer brauche deshalb juristischen Rat. Außerdem sei sicher zu stellen, dass die Opfer während des Prozesses psychosozial begleitet werden.

Rörig regte auch an, die Reform dafür zu nutzen, den Begriff „kinderpornografische Schriften“ aus dem Strafgesetzbuch zu tilgen. Es gehe um die „Darstellung sexuellen Missbrauchs“. „Das Kriterium ist nicht die sexuelle Erregung, wie bei der Pornografie, so Rörig. „Das Kriterium ist die Strafbarkeit von sexuellem Missbrauch“.

Ergebnisse schwer zugänglich

Rörig setzt sich weiterhin dafür ein, dass eine unabhängige Kommission das Thema Missbrauch in Deutschland aufarbeitet. Das Ausmaß des Missbrauchs in Deutschland, hätten viele nicht „in seiner Tiefe durchdrungen“. Zwar würden einige Institutionen ihre Geschichte aufarbeiten, aber diese Vorhaben blieben oft lückenhaft, die Ergebnisse schwer zugänglich.

Zudem werde der Missbrauch in den Familien, die häufigste Form von Missbrauch, dabei nicht berücksichtigt. Als Vorbild nannte Rörig entsprechende Kommissionen in Irland oder Australien. In Irland hat die unabhängige „Ryan“-Kommission zehn Jahre lang vor allem Missbrauch in katholischen Einrichtungen untersucht. Vertreter der Kirche mussten erscheinen und – auch unter Eid – aussagen, ansonsten drohten Ordnungsmaßnahmen.

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