Misshandler in Uniform: Rassistische und sexistische Polizei

Hannoveraner Beamten wird vorgeworfen, Flüchtlinge und Obdachlose geschlagen und erniedrigt zu haben. Ein internes Gutachten bestätigt dies

Muss sich mit schweren Vorwürfen gegen ihre Beamten auseinandersetzen: Bundespolizeiinspektion Hannover Foto: dpa

HANNOVER | taz Ein internes Gutachten der Führung der Bundespolizei bestätigt offenbar den miserablen Ruf ihrer Wache am Hauptbahnhof Hannover. Unter einigen Beamten der Dienststelle habe es eine „ausgeprägte fremden- und frauenfeindliche Haltung“ gegeben, berichtet der NDR unter Berufung auf einen Untersuchungsbericht, den Bundespolizeipräsident Dieter Romann nach Misshandlungsvorwürfen in Auftrag gegeben hat.

Auslöser waren Selbstbezichtigungen eines Beamten, der bei Whatsapp mit der Folter von Flüchtlingen geprahlt hatte: „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen“, schrieb der heute 40 Jahre alte Torsten S. „An den Fußfesseln“ habe er sein Opfer durch die Diensträume geschleift: „Das war so schön.“ Ein anderer Migrant sei auf den Boden gezwungen worden: „Dann hat der Bastard erstmal gammeliges Schweinefleisch gefressen“, tönte der Bundespolizist.

Es folgte bundesweite Empörung: Verurteilt wurde der „Folterskandal“ von Politikern und Polizeigewerkschaften. Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil forderte „harte“ Konsequenzen, sollten die Selbstbezichtigung des Beamten wahr sein. „Sollten sich die zum Teil erheblichen Vorwürfe bestätigen, wird die Bundespolizei mit aller Konsequenz gegen den oder die Beamten vorgehen“, versprach auch deren Präsident Romann als oberster Chef der Behörde.

Dass zumindest Teile der Hauptbahnhofswache außer jeder Kontrolle waren, dürfte Romann jetzt schriftlich haben. In dem Gebäude am Ernst-August-Platz im Herzen Hannovers hätten Polizisten selbst in den Gewahrsamszellen Sex gehabt – angeblich einvernehmlich etwa mit Verkäuferinnen, die in den Geschäften des Hauptbahnhofs arbeiteten, meldet der NDR unter Verweis auf den internen Untersuchungsbericht.

Der Bundespolizist Torsten S., der bei Whatsapp mit der Folter der Flüchtlinge prahlte, soll einem Polizeischüler eine geladene Dienstwaffe an den Kopf gehalten haben – nachdem er zuvor seine Hose geöffnet und „eine sexuelle Handlung“ verlangt“ habe.

Offiziell bestätigen will die Bundespolizei die Exzesse aber nicht. Entsprechende Anfragen der taz ließen sowohl die Bundespolizeidirektion Hannover wie auch Romanns Bundespolizeipräsidium in Potsdam unbeantwortet. „Wir werden keine Details einer internen Untersuchung öffentlich machen“, sagte eine Sprecherin.

Der Bericht diene der „Ursachenforschung und Prävention“ und sei „parallel zur straf- und disziplinarrechtlichen Aufarbeitung in Auftrag gegeben“ worden, heißt es offiziell nur. Außerdem hätten auch „äußerst umfangreiche Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte für die systematische Misshandlung von Personen, die sich in Polizeigewahrsam befanden“, ergeben.

Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft Hannover ihr Verfahren, das sich nicht nur gegen den heute 40-jährigen Bundespolizisten, sondern auch gegen fünf weitere Beamte richtete, schon Anfang April eingestellt: Die Angaben von Opfern und Beschuldigten zum möglichen Tatverlauf seien widersprüchlich gewesen, sagte Staatsanwältin Anna Tafelski am 6. April zur taz.

Selbst der Hauptverdächtige S. wird sich ab dem 19. Juni nicht wegen der Folter, sondern nur wegen illegalen Waffenbesitzes, Kinderpornografie und des Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz verantworten müssen (siehe Kasten). Der Bundespolizist habe sich nur wichtig machen wollen – und die Misshandlungen deshalb erfunden, argumentiert die Staatsanwaltschaft ernsthaft.

Merkwürdig nur: Ende April musste die taz über ein drittes Opfer berichten. Ein Obdachloser klagt, er sei von S. am Hauptbahnhof aufgegriffen, geschlagen, getreten und danach am Stadtrand ausgesetzt worden. Merkwürdig auch: Die Opfer-Anwälte warten auch neun Wochen nach Einstellung der Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt weiter auf Akteneinsicht. „Reine Taktik“ sei das, ärgert sich der Jurist Pascal Ackermann, der den 19-jährigen Flüchtling aus Afghanistan vertritt: „Wir Anwälte sollen aus dem Verfahren gedrängt werden.“

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