Mit deutschem Geld ausgebildete Polizisten: An der somalischen Bürgerkriegsfront

Die 1.000 mit deutschem Geld ausgebildeten Polizisten, über deren Verschwinden die taz kürzlich berichtet hatte, stehen nun im somalischen Kriegsgebiet.

Polizisten in Somalia. Die von deutschem Geld finanzierten sind jetzt im somalischen Kriegsgebiet aufgetaucht. Bild: ap

Die 1.000 verschwundenen Polizisten aus Somalia, die Deutschland in Äthiopien hatte ausbilden lassen und von denen seit Ende ihrer Ausbildung im Mai jede Spur fehlte, sind offenbar wieder aufgetaucht. Wie die Bundesregierung in Beantwortung einer Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele mitteilt, sind die Polizisten im Einsatz - im somalischen Kriegsgebiet.

"Nach Auskunft der somalischen Übergangsregierung sind die in der Frage genannten somalischen Polizisten derzeit im Gebiet Gedo im Südwesten der Republik Somalia im Einsatz", heißt es in dem Antwortschreiben vom 5. August, das der taz vorliegt. Die taz hatte am 30. Juli berichtet, dass Deutschland in Äthiopien zwischen Dezember 2009 und Mai 2010 die Ausbildung von 1.000 somalischen Polizeirekruten finanziert habe, die seitdem verschwunden seien.

Die Bundesregierung hatte in Reaktion versprochen: "Nach Ende der Ausbildung im Mai 2010 wurden die 925 Auszubildenden unter äthiopischer Verantwortung nach Somalia transportiert. Den weiteren Verlauf der Eingliederung in die somalische Polizei wird die Bundesregierung gegenüber der äthiopischen Regierung und der somalischen Übergangsregierung konsequent nachverfolgen."

Sollte die Auskunft stimmen, wonach die Polizisten in Gedo im Einsatz seien, wären sie an einer Bürgerkriegsfront gelandet. Die Provinz Gedo mit der Hauptstadt Bardera steht größtenteils unter Kontrolle der islamistischen Shabaab-Milizen, die große Teile Südsomalias beherrschen und die international anerkannte und geschützte Übergangsregierung in der Hauptstadt Mogadischu stürzen wollen.

Eigentlich beherrscht diese Regierung kaum mehr als Teile Mogadischus. Aber in Teilen Südsomalias stützt sie sich auf lokale Warlords, die sich selbstständig gemacht und den Islamisten den Kampf angesagt haben. In der Region Gedo und einigen Nachbarregionen ist die wichtigste dieser "dritten Kräfte" die Miliz Ahlu Sunna, die eine andere Richtung des Islamismus verfolgt als al-Shabaab. Sie kontrolliert erhebliche Teile Südsomalias und schloss im März mit der Übergangsregierung ein Bündnis, das ihr fünf Ministerien in der Regierung gab; im Gegenzug kämpfen die Sunna-Truppen in Südsomalia gegen al-Shabaab.

Seitdem verkünden Regierungsangehörige immer wieder unmittelbar bevorstehende Großoffensiven gegen die Islamisten in deren südsomalischen Hochburgen. In diesem Zusammenhang wäre auch ein Einsatz von Polizisten der Übergangsregierung in Gedo zu sehen.

Das Bündnis zwischen Ahlu Sunna und der Übergangsregierung wurde in Äthiopien ausgehandelt, das damit versucht, seinen Einfluss in Somalia wieder zu vergrößern. Hurso in Äthiopien, wo die Polizeiausbildung stattfand, ist ein bewährtes Militärausbildungslager. Nach Auskunft von Ortsbewohnern war Hurso schon während des äthiopisch-eritreischen Krieges 1998-2000 ein Sammelpunkt für Rekruten aus dem somalisch besiedelten Osten Äthiopiens zum Einsatz an der Front gegen Eritrea. Heute sei es Basis für Sicherheitskräfte, die im Osten Äthiopiens gegen Rebellen kämpfen und denen Menschenrechtsorganisationen immer wieder schwere Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung vorwerfen. Auch die US-Armee hat in den letzten Jahren im Rahmen ihrer Anti-Terror-Einsätze am Horn von Afrika äthiopische Armeeeinheiten in Hurso trainiert.

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