Mobbing von Profifußballern: „Die Täter dürften bekannt sein“

Daniel Bauer ist, wie jetzt Kevin Pezzoni, Mobbing widerfahren. Er hat damals den FC Magdeburg verlassen und wurde als Lügner dargestellt. Das war schlimm, sagt er.

Kennt man sich? Fans des 1. FC Köln. Bild: dpa

taz: Herr Bauer, seit der Vertragsauflösung von Kevin Pezzoni beim 1. FC Köln, der von den eigenen Fans gemobbt wurde, sind Sie wieder ein gefragter Mann.

Daniel Bauer: Ja, es ist gerade ein Wahnsinn. Heute hatte ich schon wieder unzählige Anfragen aus sämtlichen Bereichen – Zeitungen, Radio, Fernsehen.

Ist das Interesse an Ihrer Person jetzt noch größer als damals beim 1. FC Magdeburg, wo Sie selbst Opfer einer Mobbing-Attacke wurden?

Das war damals auch schon extrem. Dieses Mal ist das Interesse aber überregionaler.

Sie sprechen vom Wahnsinn. Wird es Ihnen zu viel?

Es reißt nicht tiefe Wunden auf. Aber natürlich kommen viele Erinnerungen hoch. Es gibt da ja einige Parallelen. Manche Anfragen lehne ich auch ab. Vom Fernsehen etwa. Das würde mich dann doch mehr aufwühlen, als mir recht ist.

29, spielt beim VfB Oldenburg. Vergangenes Jahr, als er beim 1. FC Magdeburg unter Vertrag stand, wurde er im Oktober von vermummten Fans des Vereins vor seine Haustür gelockt. Sie drohten ihm Gewalt für den Fall an, dass das nächste Spiel nicht gewonnen werde. Bauer kritisierte später die fehlende Rückendeckung des Vereins. Beide Seiten verständigten sich auf eine Vertragsauflösung.

Sind die Parallelen zu Ihnen Zufall oder Teil einer Entwicklung?

Ich glaube Letzteres. Gesamtgesellschaftlich ist die Gewalthemmschwelle schon gesunken. Es passieren Dinge, die vor einigen Jahren undenkbar waren.

Was muss getan werden?

Man muss das in schärfster Weise verurteilen, damit es nicht noch einmal vorkommt und das Ganze noch schlimmer wird.

Hat der 1. FC Köln mit der Vertragsauflösung richtig reagiert?

Ja. Es wurde eine schnelle Lösung gesucht, die für den Spieler gut ist und seinem Wunsch entsprochen hat.

So genau weiß man das ja nicht. Möglicherweise wäre der Spieler bei größerer Rückendeckung geblieben. Kritiker sprechen von einem falschen Signal des 1. FC Köln.

Als Außenstehender kann man das schwer beurteilen. Natürlich sind in Köln auch Medienprofis am Werk. Aber für mich waren die betroffenen Reaktionen des Vereins dort glaubwürdig. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Pezzoni sich das nicht mehr antun wollte.

Sie haben am Ende in Magdeburg auch kapituliert?

In Magdeburg wurden damals extreme Zweifel an der Geschichte selbst gestreut. Einige glauben bis heute, dass es den Besuch der Fans vor meiner Haustür gar nicht gegeben habe. Ich wurde als Lügenbaron dargestellt. Das war für mich letztlich mindestens so schlimm wie der Vorfall selbst.

Wäre es damals in Magdeburg wie heute in Köln nicht wichtig gewesen, dass der Verein ein Zeichen setzt und am Spieler festhält?

Ich bin überzeugt: Wenn man zusammen Stärke zeigt, dass das auch klappen kann. Das müssen aber beide Seiten wollen und mit einer Sprache sprechen. Das ist ganz entscheidend. Das war bei mir in Magdeburg leider nicht der Fall.

Pezzoni musste in Köln schon länger als Sündenbock für den Misserfolg herhalten. Hat der Verein den Zeitpunkt verpasst, um dazwischenzugehen und den Spieler zu schützen.

Keiner hat vermutlich daran gedacht, dass das so extrem ausufern kann. Man hat das ja immer wieder mal, dass in einem Verein ein Spieler in die Kritik gerät, von der Fankurve gemobbt wird, und egal wie er spielt, ausgepfiffen wird. Da muss man in Zukunft wachsamer sein und präventiv einschreiten. Und sagen: Passt auf, der Junge hat in den letzten drei, vier Wochen vielleicht schlecht gespielt, aber trotzdem ist er noch ein Spieler unseres Vereins, und auch der braucht Unterstützung. Aber auch die normalen Fans sind da gefragt.

Inwiefern?

Ich kann mir auch im Fall von Pezzoni nicht vorstellen, dass die Täter völlig unbekannt sind. Bei mir kamen die Angriffe höchstwahrscheinlich aus der Ultraszene. Es gab einige Hinweise, weshalb die Polizei auch Klage erhoben hat, sie aber aus Mangel an Beweisen fallen lassen musste. Ich glaube, in gewissen Fankreisen wusste man in Magdeburg schon mehr und das wird vermutlich auch in Köln so sein. Diese Leute müssen dann aussagen – Ehrenkodex hin oder her.

Werden Sie heute noch mit Ihrer Magdeburger Vergangenheit konfrontiert?

Im Sommer gab es ein Freundschaftsspiel mit Oldenburg in Magdeburg. Ich habe nicht teilgenommen, weil es da gut gemeinte Warnungen von Bekannten gab. In der Stadt war die Rede davon, dass die Ultras Aktionen geplant hätten, um mich zu verhöhnen. Um das Feuer rauszunehmen, habe ich nicht mitgemacht.

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