Murat Kurnaz‘ verfilmte Autobiografie: Waterboarding wäre zu plump

In „Fünf Jahre meines Lebens“ beschrieb Murat Kurnaz seine Guantánamo-Haft. Die ARD zeigt die Verfilmung des Buches nun als 90-minütiges Verhör.

Szene aus dem Film „Fünf Jahre Leben“. Männer in orangenen Häftlingsanzügen und mit schwarzen Säcken über den Köpfen knien auf einem umzäunten Platz.

„Fünf Jahre Leben“ ist das Langfilm-Debüt des Regisseurs Stefan Schaller. Foto: HR/UFA FICTION

Der Verhörfilm ist mittlerweile ein Genre aus eigenem Recht, der das in die Mitte rückt, was in anderen Genres, im Gangster- oder Polizeifilm, im Politthriller nur ein Motiv neben anderen ist: das kammerspielartige Aufeinandertreffen zweier Duellanten, die einander, ungeachtet des offensichtlichen Machtverhältnisses, psychologisch in etwa auf Augenhöhe begegnen müssen.

In Guantánamo trifft der in Pakistan gefangene und verkaufte Deutschtürke Murat Kurnaz (Sascha Alexander Geršak) auf einen namenlosen Amerikaner in weißen Hemdsärmeln (Ben Miles), der behauptet, ihm helfen zu wollen. Es folgen eineinhalb Stunden Vernehmungslehre, wie man sie so in keinem einschlägigen deutschen Lehrbuch zu suchen braucht, weil nichts davon hierzulande erlaubt wäre.

Waterboarding wäre dem hier gezeigten Spezialisten viel zu plump. Lieber gaukelt er Kurnaz seine bevorstehende Freilassung vor, um ihn dann aus dem vermeintlichen Hubschrauber in die Freiheit herauszerren und – doch eher plump – zusammenknüppeln zu lassen.

Aber weil der Verhörfilm sich nicht selten als Subgenre des Heldenepos erweist, leidet Kurnaz tapfer und bleibt allen Gemeinheiten zum Trotz standhaft. Am Ende wird er seinen Peiniger stolz belehren: „Ich muss gar nicht gestehen. Ich bin schon im Gefängnis. Ich hab nichts zu verlieren. Sie schon. Sie haben nichts gegen mich in der Hand. Nicht mal einen Fetzen Beweismaterial. Sie haben mich gefoltert. Aber wenn ich gestehe, können Sie alles rechtfertigen.“

Murat Kurnaz ist eine reale Person und „Fünf Jahre Leben“ die seinen Unterstützern gewidmete Spielfilmadaption seiner Autobiografie „Fünf Jahre meines Lebens“. Das muss weder gegen noch für den Film sprechen. Der Zuschauer sollte sich dessen aber bewusst sein.

Ach, der Film ist außerdem das Langfilm-Debüt und der Diplomfilm des Regisseurs Stefan Schaller.

„Fünf Jahre Leben“; Do., 22.45 Uhr, ARD

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.