NSA belauscht Franzosen: Vorsicht, der Freund hört mit

Die französische Zeitung „Le Monde“ berichtet, dass US- Agenten Telefonate in Frankreich aufgezeichnet haben. Die Regierung in Paris ist empört – und will eine Erklärung.

Der französische Außenminister Laurent Fabius hat den US-Botschafter einbestellt. Die Praktiken der NSA sind für ihn „inakzeptabel.“ Bild: ap

PARIS, afp | Der amerikanische Geheimdienst NSA späht offenbar massiv die Telefonate französischer Bürger aus. Die französische Tageszeitung „Le Monde“ berichtete am Montag unter Berufung auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, allein innerhalb eines Monats - zwischen Anfang Dezember 2012 und Anfang Januar 2013 - seien 70,3 Millionen Telefonverbindungen aufgezeichnet worden. Die französische Regierung forderte von Washington umgehend eine Erklärung und bestellte den US-Botschafter ein.

Dem Bericht zufolge zeichnete die NSA zwischen dem 10. Dezember 2012 und dem 8. Januar 2013 an einzelnen Tagen bis zu knapp sieben Millionen Telefondaten auf. Bei der Verwendung bestimmter Telefonnummern würden die Gespräche automatisch aufgezeichnet. Auch würden SMS und ihre Inhalte aufgrund bestimmter Schlüsselwörter abgefangen. Die Verbindungsdaten der Zielpersonen würden systematisch gespeichert.

Die Ausspionierung der Telefonate französischer Bürger durch die NSA läuft laut „Le Monde“ unter einem Programm mit dem Namen „US-985D“. Wofür dieser Code stehe, sei unklar. Für das Abfangen von Telefondaten aus Deutschland gebe es Programme mit den Namen „US-987LA“ und „US-987LB“. Die zum Ausspähen der Telefonate in Frankreich verwendeten Technologien würden als „DRTBOX“ und „WHITEBOX“ bezeichnet. Einzelheiten seien nicht bekannt. Mittels „DRTBOX“ seien 62,5 Millionen abgefangen worden, mit „WHITEBOX“ die weitere 7,8 Millionen.

Ziel seien nicht nur Terrorverdächtige, berichtet „Le Monde“ unter Berufung auf die Snowden-Dokumente. Es seien auch die Telefondaten von Franzosen abgefangen worden, die offenbar nur wegen ihrer Geschäftstätigkeit oder der Mitarbeit in der Regierung oder bei Behörden für die NSA interessant waren. Laut „Le Monde“ interessierte sich der US-Geheimdienst im Januar zudem besonders für E-Mail-Konten des französischen Internetanbieters wanadoo.fr, der rund 4,5 Millionen Nutzer hat, und E-Mail-Konten des US-französischen Telekommunikationsausrüsters Alcatel-Lucent.

US-Botschafter muss beim Außenminister vorsprechen

„Le Monde“ hat die Snowden-Dokumente nach eigenen Angaben von dem Journalisten Glenn Greenwald erhalten, der eng mit Snowden zusammenarbeitet und seine Enthüllungen in der britischen Zeitung „The Guardian“ veröffentlichte. „Le Monde“ plant in den kommenden Tagen weitere Veröffentlichungen.

Der französische Außenminister Laurent Fabius kündigte an, der US-Botschafter in Paris werde noch am Montagvormittag in sein Ministerium einbestellt. „Diese Praktiken, die das Privatleben verletzen, sind zwischen Partnern vollkommen inakzeptabel“, sagte Fabius am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg. Frankreich wolle daher eine schnelle Versicherung, dass diese Methoden nicht mehr angewandt würden.

Frankreichs Innenminister Manuel Valls bezeichnete die „Le Monde“-Enthüllungen als „schockierend“. „Das verlangt nach präzisen Erklärungen der US-Behörden in den kommenden Stunden“, sagte Valls dem Sender Europe 1.

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