NSU-Prozess in München: Zschäpe will vielleicht aussagen

Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe erklärt, sie überlege, nun doch „etwas“ auszusagen. Im Gegenzug verlangt sie die Ablösung ihrer Verteidiger.

Beate Zschäpe steht zwischen ihren Verteidigern Sturm und Heer

Kein gutes Team: Beate Zschäpe zwischen ihren Verteidigern Anja Sturm und Wolfgang Heer Foto: dpa

MÜNCHEN afp | Die mutmaßliche Rechtsterroristin und Hauptangeklagte im NSU-Verfahren, Beate Zschäpe, hat nach übereinstimmenden Medienberichten gegenüber dem Oberlandesgericht München eine grundsätzliche Bereitschaft zur Aussage erklärt.

In einem handschriftlichen vierseitigen Brief an das Gericht verbinde sie dies allerdings mit der Forderung nach einer Ablösung ihrer drei Verteidiger, berichteten der Berliner Tagesspiegel und der Radiosender SWR info am Montag. Mit dem Brief sollte sie eigentlich nur die bereits im Prozess geforderte Ablösung ihrer Verteidigerin Anja Sturm begründen.

Laut Tagesspiegel schrieb Zschäpe dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl zur geforderten Ablösung ihrer Verteidiger: „Da ich mich durchaus mit dem Gedanken beschäftige, etwas auszusagen, ist eine weitere Zusammenarbeit unmöglich“. Diesem Bericht und dem SWR zufolge ließ die Hauptangeklagte im NSU-Prozess dabei aber offen, wozu sie sich womöglich äußern will.

In dem Prozess um die rassistische Mordserie mit zehn Toten sowie mehreren Sprengstoffanschlägen und Raubüberfällen, die dem NSU zugerechnet werden, hat Zschäpe an den bereits über 200 Verhandlungstagen bisher durchweg geschwiegen. Unklar ist, ob dies ihrem eigenen Wunsch entspricht oder der Strategie ihrer Verteidiger.

Der zweite Versuch

Nachdem sie sich nach dem Suizid der zwei mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im November 2011 gestellt hatte, hatte sie noch gegenüber Ermittlern gesagt, sie habe sich nicht gestellt, um zu schweigen.

Vor einem Jahr war Zschäpe mit dem Antrag gescheitert, ihre drei Verteidiger ablösen zu lassen. Laut SWR warf Zschäpe ihnen nun in dem Brief an das Gericht vor, sie an der Aussage zu hindern. Die Anwälte hätten ihr mitgeteilt, falls sie zu einzelnen Vorwürfen etwas aussagen werde, würden sie das Gericht um ihre Entbindung bitten, schrieb sie demnach an den Richter. Dadurch fühle sie sich unter Druck, weil sie durchaus überlege, etwas auszusagen.

Zschäpe habe in dem Schreiben an Richter Götzl auch konkrete Vorwürfe gegen ihre Verteidiger erhoben. Ihr erster Anwalt Wolfgang Heer surfe während der Verhandlung ständig im Internet, sein Kollege Wolfgang Stahl twittere und organisiere seinen Urlaub aus dem Gericht.

Rechtsanwältin Sturm, deren Ablösung Zschäpe beantragt hat, habe gegen ihren Willen einen Vertreter für einen Verhandlungstag bestellen wollen. Als Zschäpe diesen Vertreter ablehnt habe, hätte Sturm gekontert, sie sei aber auf die Kostenerstattung für diesen Tag angewiesen, zitierte der SWR aus dem Schreiben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.