NSU-Tribunal in Köln: Referent soll zurückkommen

Die OrganisatorInnen des NSU-Tribunals fordern die Rückkehr eines Referenten. Der Roma-Aktivist wurde am Dienstag ins Kosovo abgeschoben.

Selami Prizreni mit einem Transparent auf einer Demo

Selami Prizreni protestiert gegen Abschiebungen Foto: Allegra Schneider

BREMEN taz | Er sollte am Wochenende beim NSU-Tribunal in Köln dabei sein: Doch am Dienstag wurde der Essener Roma-Aktivist Selami Prizreni morgens von der Polizei abgeholt und per Sammelflieger ins Kosovo abgeschoben. Die OrganisatorInnen des NSU-Tribunals fordern nun, den 28-Jährigen rechtzeitig zu seinen Veranstaltungen am Wochenende zurückzuholen. Tim Klodzko, Sprecher des Aktionsbündnisses „NSU-Komplex auflösen“, erklärte: „Die Abschiebung folgt einer rassistischen Praxis, die wir mit dem Tribunal anklagen.“

Das fünftägige NSU-Tribunal begann am Mittwoch mit einer Auftaktveranstaltung im Schauspiel in Köln. Angehörige der NSU-Opfer und UnterstützerInnen wollen noch bis Sonntag in Workshops und Podiumsveranstaltungen über die NSU-Verbrechen und ihre Ursachen wie strukturellen Rassismus diskutieren.

Prizreni, der sich in Essen in der Gruppe „Roma Arts Aktion“ für die Rechte der Minderheit engagiert, hätte am Freitag im Hauptprogramm mit anderen über die Perspektiven antirassistischer Initiativen diskutieren sollen. Am Samstag sollte er auf einem Workshop über „Institutionellen und gesellschaftlichen Rassismus gegen Sinti und Roma und den Widerstand dagegen“ sprechen. Zudem war am Sonntag auf der „Abschluss-Parade“ des Tribunals in der Keupstraße ein Auftritt von Prizreni geplant, der mit seinem Bruder in der HipHop-Combo „K.A.G.E“ Musik macht.

Prizreni ist in Deutschlad aufgewachsen und zur Schule gegangen. In den 1990er Jahren war er mit seiner Familie vor dem Jugoslawienkrieg nach Deutschland geflohen. 2010 wurde er bereits einmal mit einem seiner Brüder ins Kosovo abgeschoben. Ein Gericht stellte im Nachhinein fest, dass die Abschiebung nicht rechtmäßig war. Doch die Gerichtsentscheidung blieb ohne Konsequenzen. 2014 kehrte Prizreni in seine Heimat zurück. Ein Geschichte, die der Dokumentarfilmer Sami Mustafa im Film „Trapped by Law“ festgehalten hat.

Am Donnerstagnachmittag erklärte die Stadt Essen zu dem Fall: „Selami Prizreni ist 2014 ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Visum eingereist, bisherige Asylanträge sind negativ beschieden worden“. Sein Fall sei in unterschiedlichen Gremien behandelt worden, unter anderem in einem Petitionsverfahren. „Der Petitionsausschuss hat die Empfehlung zur freiwilligen Ausreise ausgesprochen“, erklärte Silke Lenz, Sprecherin der Stadt Essen. Da er „diese Möglichkeit nicht wahrgenommen“ hat, habe er sich „illegal in Deutschland“ aufgehalten. „Aufgrund dieses vorliegenden Status kann auch mit der künstlerischen Tätigkeit kein Aufenthaltsrecht erteilt werden.“

„Sicheres Herkunftsland“ Kosovo

Prizreni ist in Essen bestens integriert und vernetzt. Eine Petition des Roma Center Göttingen für seine Rückkehr hatte bis Donnerstag 1.300 Unterschriften.

Um seine Abschiebung zu stoppen, hatte sich die nordrhein-westfälische Europaabgeordnete Terry Reintke noch am Dienstag vergeblich mit einem Brief an die Essener Ausländerbehörde und den Oberbürgermeister gewandt. Reintke ist mit Prizreni persönlich bekannt. Auf ihre Einladung hin war er am 8. April im Rahmen überfraktionell organisierter Feierlichkeiten zum Internationalen Roma-Tag im EU-Parlament in Brüssel aufgetreten.

„Eine Abschiebung in diesem Fall ist nicht nur integrationsfeindlich, sondern vor allem auch unmenschlich“, erklärte Reintke. Als Mitglied der EU-Kosovo-Delegation im Europäischen Parlament habe sie sich wiederholt von der Situation überzeugen können, dass viele Roma im Kosovo in unmenschlichen Zuständen lebten und bewusst von gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt würden, erklärte Reintke. „Roma können im Kosovo nicht frei von Diskriminierung leben.“

Ungeachtet der schlechten Lage der Roma-Minderheit gilt das Kosovo seit 2015 als „sicheres Herkunftsland“. Etwa 5.000 Menschen wurde 2016 ins Kosovo abgeschoben, bei weiteren rund 5.500 Menschen wurde eine „freiwillige Rückkehr“ gefördert.

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