Tödliches Ende einer Festnahme: Schuss in den Hinterkopf

Polizisten erschießen in Bayern einen flüchtenden Mann. Anwohner berichten, das Opfer sei unbewaffnet gewesen und die Beamten hätten keine Erste Hilfe geleistet.

Ermittlungen laufen: Der Getötete soll unbewaffnet gewesen sein. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Er hörte zwei Schüsse vom Hinterhof und rannte zum Fenster. Vier Stockwerke unter ihm lag ein Mann, das Gesicht am Boden in einer Blutlache. Ein junger Mann beugte sich über ihn – auf Fragen, was los sei, reagierte er nicht. Ein anderer lief auf dem Hof herum und telefonierte. Die zwei Jungs, die gerade noch im Hof Fußball gespielt hatten, waren kreidebleich.

So erinnert sich ein Anwohner aus der Herderstraße im oberbayerischen Burghausen. Dort hatte am Freitagabend ein Polizist einen 33-jährigen Mann erschossen. Gegen den mutmaßlichen Drogendealer lag ein Haftbefehl vor, teilte das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) mit.

Die Polizisten waren in Zivil, einer von ihnen soll zuerst einen Warnschuss abgegeben haben, dann habe er auf die Beine gezielt – getroffen hat er den Hinterkopf des Flüchtenden. Der Polizeibeamte, der geschossen hatte, soll „keine Hilfe geleistet“ haben, sagt ein Anwohner. Als nach ca. 25 Minuten der Rettungswagen eintraf, konnten die Sanitäter nur noch den Tod feststellen.

Eine Waffe habe er bei dem Toten „zu hundert Prozent“ nicht gesehen, berichtet der Anwohner. „Er hat überhaupt nichts in den Händen gehabt.“ Auch keine Eisenstange. In Medienberichten hieß es, der Flüchtende soll die Beamten damit bedroht haben.

Demo vor der Polizeirevier

In der Nachbarschaft heißt es, das spätere Opfer sei vom Schwimmbad gekommen und wollte seine Freundin besuchen, die in dem Hochhaus wohnt. Kurz nach den Schüssen rannte die blonde Frau zu ihm, wurde aber von der Polizei nicht durchgelassen. „Wenn jemand vom Schwimmbad kommt, hat man doch keine Waffe dabei“, sagt der Anwohner. „So geht’s nicht, dass man einfach die Leute erschießt“, schimpft eine andere Nachbarin.

Am Samstagnachmittag demonstrierten rund 50 Leute vor der Polizeiinspektion Burghausen. „Nein zur Polizeigewalt“ hatten sie auf ein großes Banner geschrieben. Es seien „Menschen aus dem Umfeld“ des Getöteten, heißt es von der Polizei.

„Wir sind sehr an einer Aufklärung interessiert“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Direkt nach dem Vorfall ermittelte die Staatsanwaltschaft Traunstein und das LKA vor Ort bis um vier Uhr in der Nacht. Gegen den Polizisten, der geschossen hat, wurde ein Verfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet. Er sei sehr jung gewesen, um die 30 Jahre, erinnert sich ein Anwohner. In der Pressemeldung des LKA steht nichts davon, dass er bedroht worden wäre.

Nun soll ein Schussgutachten erstellt werden, alle Zeugen werden befragt. Schon am Freitag hatten Beamte die Anwohner in der Herderstraße vernommen. Ob der Flüchtende bewaffnet gewesen sei, hätten sie nicht gefragt, heißt es dort.

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