Schweinis Schmähgesänge: Hadi hadi hadi ho

„BVB-Hurensöhne“ schmetterte Fußballnationalspieler Bastian Schweinsteiger – und wurde dabei gefilmt. Nun zeigt er sich reumütig.

Oh je! Was soll BVB-Kollege Kevin Großkreutz (r.) jetzt denken? Bild: dpa

Schmähgesänge gibt es schon sehr, sehr lange. Von eher unschuldigen Zeilen wie „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ über Klassenfeindliches wie „Arbeitslos und eine Flasche Bier, das ist der S04“ (Schalke 04) bis hin zu durchaus nachvollziehbar erscheinendem „Was ist grün und stinkt nach Fisch? Werder Bremen!“ ist die Bandbreite des Schmähgesangs recht breit. Auch schön: „Das sind Kölner, asoziale Kölner, schlafen unter Brücken, oder in der Bahnhofsmission“.

Relativ neu sind die Gesänge „So gehn die Gauchos, die Gauchos gehen so“, „eine neue Liga ist wie ein neues Leben, schalalalala-lala“ (in Richtung von Club- und Braunschweig-Fans) und jetzt eben das: „Hadi hadi hadi ho, BVB-Hurensöhne.“

Gesungen hat Letzteres kürzlich Bastian Schweinsteiger, heimlicher Kapitän des FC Bayern, auf einer „privaten“ Feier irgendwann kurz vor seinem Urlaub. Leider wurde das Ganze gefilmt. Text und Melodie sind nicht wirklich einfallsreich, und auf welches Original das Liedgut zurückzuführen ist, wird auch nicht recht klar. Der Punkt ist: Bastian Schweinsteiger hat sich für den Gesang entschuldigt. Weniger für die schrägen Töne, mehr für den Text: „Mit dem Schimpfwort möchte ich keinen beleidigen.“

Wobei es hier nicht darum gehen soll, ob „Hurensöhne“ wirklich ein Schimpfwort sein muss. Nach Recherche bei Betroffenen ist „Hurensohn“ nichts, was prototypisch für einen Anhänger oder Spieler des BVB, also von Borussia Dortmund, wäre. In Dortmund gibt es wahrscheinlich nicht mehr reproduzierende Prostituierte als anderswo, und gute Nachwuchsarbeit wird auch an anderen Orten geleistet. Insofern wäre „gelbe Zähne, schwarze Füße“ treffender.

Unter Beobachtung

Interessanter ist, dass sich Schweinsteiger überhaupt entschuldigt hat. Im Hotelzimmer, im Hochformat (vermutlich auch per Handy), im weißen Hemd, neben ihm ist nur ein ebenso eierschalenweißer Armleuchter im Bild. Zur Erinnerung: „Opa“ Klose & Co. haben sich für den „Gaucho-Tanz“ auf der Fanmeile durchaus nicht entschuldigt, im Gegenteil. Das sei Teil der Fankultur, so der einhellige Tenor von DFB und ihren Sängern.

Zu vermuten ist, dass sich „Schweini“ nicht schon vor den kommenden Duellen seines FCB mit dem Erzfeind aus Dortmund anlegen möchte (ja, bald ist Supercup), zu vermuten auch, dass in der großen Harmonie-Blase in Brasilien auch Freundschaften über Vereinsgrenzen hinaus entstanden sind, nicht zuletzt zum Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz.

Apropos Großkreutz: Wer hat eigentlich damals die Pfütze weggemacht, die der Schweini-Neukumpel in einem Berliner Hotel nach dem verlorenen Pokalfinale hinterlassen hat?

Eine Lappalie. Wie das Schweinigate im Grunde auch. Ausrutscher, so könnte man formulieren, gehören eben dazu. Der Fußball ist immer noch nah am Bodensatz, Fankultur und Niveau sind eher als Gegensätze zu denken. Die seit ein paar Jahren um sich greifende Solidarität der Spieler mit den Fans birgt also Gefahren – die Fans dürfen politically incorrect sein, die Profispieler nicht. Die haben das, was man öffentliche Verantwortung nennt. Denn sie stehen in der Öffentlichkeit, und zwar immer, vierundzwanzig Stunden am Tag, in der Arbeitszeit wie in der Freizeit, im Hotel wie im Urlaub, filmenden Handys und sozialen Netzwerken sei Dank.

Funkiller

Ausnahmen (Jogis Führerscheinentzug, des Kaisers schlechtes Fifa-Geschäfts-Englisch) bestätigen wie immer die Regel. Ständig politisch korrekt sein zu müssen, ist auch ein Funkiller, aber nur dann, wenn man unter „Fun“ partout das aggressive Schmähen des Gegners versteht.

Borussia Dortmund hat die Entschuldigung Bastian Schweinsteigers jedenfalls offiziell angenommen. Gut so. Der Käse ist gegessen, der Mund abgeputzt. Das Fußballdorf wartet schon auf die nächste Kuh.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.