Kommentar Abzug von den Golanhöhen: Blauhelm go home

Die syrisch-israelische Grenzregion wird zum Kriegsgebiet – höchste Zeit für die UN-Soldaten, sich zu verabschieden. Denn sie kosten viel Geld.

September 2014: Die vom IS entführten Blauhelme sind wieder frei Bild: reuters

Hunderte UN-Beobachter auf dem Golan ziehen sich von ihren Posten auf syrischer Seite zurück, so heißt es. Wer möchte es ihnen verdenken? Syrien ist ungemütlich geworden für Ausländer, auch für solche, die gekommen sind, um zu helfen.

Noch hat von den UN-Truppen zwar keiner mit dem Leben bezahlt, die bisherigen Entführungen sind trotzdem unangenehm genug. Der Schlendrian bei Kuneitra, der alten zerstörten syrischen Stadt an der Grenze, ist vorbei. Die ruhige Grenzregion wandelt sich zum Kampfgebiet. Höchste Zeit für die Friedensstifter, sich schleunigst zu verabschieden.

Im Nahen Osten tun Blauhelme vor allem eins: Sie kosten Geld. Auf dem Golan erfüllen die 1.200 zwischen Israel und Syrien stationierten Beobachter zusätzlich einen humanitären Zweck, wenn sie den Übergang bei Kuneitra öffnen, um die Äpfel der drusischen Bauern auf israelischer Seite für den Export nach Syrien durchzulassen und drusische Studierende, die zur Uni nach Damaskus wollen. Das passiert im Durchschnitt zwei, drei Mal im Jahr. Dafür sitzen 1.200 Männer permanent auf dem Berg. Ganz schön viel Aufwand.

Im Mai war 40-jähriges Jubiläum. Die Blauhelme feierten mit Genugtuung, schließlich blieb die 75 Kilometer lange Grenze in dieser Zeit fast immer ruhig. Mit der Stationierung der UN-Truppen hatte das allerdings wenig zu tun. Die Grenze bleibt ruhig, weil Israel und Syrien es so wollen. Wenn es dann doch einmal knallt, kann die UNDOF wenig ausrichten.

Blauhelme für die Psyche

Die Blauhelme haben eine psychologische Wirkung. Niemand rechnet zwar damit, dass sie die Invasion syrischer Truppen oder gar des IS aufhalten könnten. Israel wird sich wie stets allein verteidigen, wenn es soweit ist, trotzdem fühlt es sich irgendwie besser an, wenn da oben auf dem Berg zusätzlich noch ein paar neutrale Uniformierte aufpassen.

Mehr als das Zehnfache an internationalem Truppenaufgebot ist seit 2006 im Libanon stationiert und hat dort die Aufgabe, den Waffenschmuggel an die schiitische Hisbollah zu unterbinden. Hat die deutsche Marine, die seit acht Jahren vor der libanesischen Küste auf- und abfährt schon einmal ein Schmugglerboot aufgehalten?

Wie kommt es, dass die Waffenlager der schiitischen Extremisten, kann man israelischen Nachrichtendiensten trauen, trotz Einsatz von 15.000 Blauhelmen bis zum Rand wieder aufgefüllt sind?

Wenn irgendjemand Waffenlieferungen an die libanesische Terrororganisation stoppt, dann ist es Israel. Im Kampf gegen die Islamisten verlässt man sich lieber auf sich selbst und vielleicht noch auf den Nachbarn Jordanien, der diesmal auf derselben Seite der Front sitzt. Mehr Sicherheit können die Blauhelme nur sich selbst verschaffen, indem sie bald abziehen.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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