Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Rot-Rot-Grün wäre rechnerisch für 2017 drin, Bob Geldofs ewiger Song mutiert zur Drohung und Jamie Oliver kocht Stare.

Campino (l.) hatte sein Telefon gerade nicht verloren, als Sir Bob Geldof (r.) bei ihm anrief Bild: imago/Future Image

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Steinmeier macht einen unscheinbaren und soliden Job.

Was wird besser in dieser?

Putin lobt ihn, dann kann Steinmeier die 2017er Kandidatur vergessen.

In Thüringen stellt Rot-Rot-Grün sein Regierungsprogramm vor. Es gibt unter anderem ein Gratisjahr in der Kita und mehr Lehrer. Klingt jetzt nicht so schlimm?

An sich ist schon die reine Befassung mit dem Thema ein Witz, wenn man das solide Durchregieren mancher NS-Vorbestrafter in der alten Bundesrepublik damals danebenhält. Warum also müssen die Linken noch dämonisiert werden? Weil – es gelingen könnte. Die Grünen hätten wenig Gründe mehr, sich davonzumerkeln; die SPD bekäme einen schweren Phantomschmerz über ihre verlorenen Inhalte, und bei der Linken käme Druck auf die Yesterday-Fraktion. Die Wahl 2013 bewies eine Binse: Ohne realistisches Machtangebot wird man nicht gewählt. Rot-Rot-Grün wäre 2017 rechnerisch eines.

Die israelische Regierung übt Vergeltung für den Anschlag auf eine Synagoge und zerstört das Haus der Familie eines Attentäters. Auge um Auge, Zahn um Zahn?

Ich freue mich, dass vielleicht meine Enkel, vielleicht schon die Kinder, Israel gegenüber unbeschwert die Meinungskeule werden schwingen können. Hoffentlich fair. Ich kann es nicht.

Krankenkassen müssen Unverheirateten keine Zuschüsse für künstliche Befruchtung zahlen. Fair, oder?

Schief. Also bezahlen Unverheiratete die künstliche Befruchtung von Verheirateten, und sehr wohl zahlen Kassen das Gegenteil – Schwangerschaftsabbrüche oder medizinisch indizierte Sterilisation bei Unverheirateten. Und sacht absurd wird es, wenn Unternehmen wie Facebook und Apple es zahlen, Kassen jedoch nicht. Sicher ist es schwer für die Gerichte, das Machbare vom gesellschaftlich Wünschenswerten zu unterscheiden. Das Bundessozialgericht führt hier an, die „Lebensbasis Ehe“ trage „dem Kindeswohl mehr Rechnung als eine nichteheliche Partnerschaft“. Zwischen dieser Begründung und 2020 liegen rund hundert Jahre.

Das Mailänder Hochhausprojekt „bosco verticale“ gewinnt den Internationalen Hochhauspreis: An der Fassade der Häuser hängen rund 800 Bäume. Brauchen wir so was auch?

Es gibt eine Menge Häuser, die können das von alleine. Pioniergehölz Birke! Architektur formuliert ihr schlechtes Gewissen, vielleicht wäre es auf die Dauer sinniger, erst neu zu bauen, wenn man obsoletes Altes weggerissen und wieder begrünt hat. Ich meine, beschmieren sich Bäume aus künstlerischen Gründen mit Beton? Eben.

Band-Aid-Veranstalter Bob Geldof hat mal wieder einen Charity-Song veröffentlicht. Diesmal will er Ebola heilen. In Deutschland singen Campino, Max Herre und Joy Denalane für Afrika. Das Problem ist also gelöst?

An Tagen wie diesen, wenn Sir Bob anruft, würde auch Campino gerne mal sein Telefon verloren haben. Sagt er. Und muss dann aber. Geldof würzt die neuerliche Verhängung des Liedes mit einem „Kaufbefehl“ (Spiegel Online), „ob ihr es mögt oder nicht“. Die insgesamt vierte Veröffentlichung (nennen wir ihn von nunan „Sir Viererbob“) von Sir Viererbob markiert den Wendepunkt: Künftig wird irgendein unmündiger Hungerleider hergenommen und gefälligst bespendet, sonst veröffentlichen sie das Lied schon wieder.

Die Generali-Versicherung bietet Rabatte an, wenn der Kunde über eine Smartphone-App beweist, dass er täglich Sport macht. Gute Idee?

Mir wumpe. Ich mach Sport, damit ich möglichst wenig mit Krankenversicherungen zu tun bekomme.

Der Star-Koch Jamie Oliver reibt seinen Kindern sehr scharfe Chilli auf ein Stück Apfel und füttert sie damit, wenn er sie bestrafen will. Gelungene Erziehung?

Eh unsympathisch, wenn einer Stare kocht. Ich habe schon kurz nach „alfredissimo“ für meine Firma entschieden, dass Kochshows ein absterbendes Genre sind und wir uns da nicht engagieren. Seitdem ist mir zu dieser visionären Sicht mindestens 53-mal herzlich gratuliert worden im Kollegenkreis, immer wenn irgendwo noch eine neue Kochshow reüssierte. Äh. Der Chilli-Apfel wäre was für einen bunten Abend mit Fernsehentscheidern.

Und was machen die Borussen?

Im Vorweihnachtsgedrängel des BVB-Shops sah ich „solargespeiste selbstleuchtende Gartenzwerge“. Ist das ansteckend? Dürfen die Spieler so was sehen?

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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