Präsidentenwahl in Tunesien: Letzter Schritt in die Demokratie

Der langjährige Regierungspolitiker Beji Caid Essebsi feierte sich am Sonntag bereits als Sieger. Herausforderer Marzoukis widersprach umgehend.

Obwohl noch keine Hochrechnungen vorliegen, lässt der 88-jährige Essebsi einen deutlichen Vorsprung vor seinem Herausforderer verkünden. Bild: dpa

TUNIS dpa/rtr | Bei der ersten freien Präsidentenwahl in Tunesien hat sich der langjährige Regierungspolitiker Beji Caid Essebsi bereits zum Sieger erklärt. Sein Wahlkampfleiter teilte am Sonntag mit, es gebe erste Hinweise darauf, dass der 88-Jährige die Stichwahl mit deutlichem Vorsprung vor seinem Herausforderer Moncef Marzouki gewonnen habe.

Am Abend lagen noch keine offiziellen Hochrechnungen vor. Mit Ergebnissen wird erst für Montag gerechnet. Etliche Anhänger Essebsis gingen auf die Straßen und feierten ihren Favoriten

Einen offiziellen Sieger der Präsidentenwahl in Tunesien gab es am Montag noch nicht – doch die Stichwahl um den ersten frei gewählten Präsidenten des Landes ist auf weniger Interesse gestoßen als der erste Wahlgang Ende November. Nur 59 Prozent der Wähler seien am Sonntag an die Urnen gegangen, teilte die Wahlkommission in der Nacht zum Montag mit. Beim ersten Wahlgang am 23. November hätten noch knapp 64 der wahlberechtigten Tunesier ihre Stimme abgegeben.

Marzoukis Lager wollte eine Niederlage noch nicht eingestehen. Die Tunesier hatten zum Wochenschluss in einer historischen Abstimmung einen neuen Präsidenten gewählt. Fast vier Jahre nach dem Sturz des autokratischen Machthabers Zine El-Abidine Ben Ali gilt die Wahl als letzter Schritt der Demokratisierung des nordafrikanischen Landes, in dem der sogenannte Arabische Frühling seinen Anfang nahm. Zu der Stichwahl traten Essebsi und der 69-jährige Menschenrechtler Marzouki an, der seit der Revolution 2011 Interimsstaatschef ist. Essebsi hatte Ende November die erste Runde gewonnen.

Musterbeispiel für Demokratiebewegung

Am Vorabend der Wahl schossen mehrere Männer auf ein Wahllokal in der Region Kairouan. Nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium töteten zur Sicherung des Wahllokals abgestellte Soldaten einen Angreifer und nahmen drei weitere fest. Islamisten haben gedroht, die Wahl zu stören.

Im Wahlkampf ging es auch darum, ob ehemalige Weggefährten Ban Alis in die tunesische Politik zurückkehren sollen. Stellvertretend dafür steht der ehemalige Parlamentspräsident Essebsi. Um den Verdacht alter Seilschaften loszuwerden, hatte er sich öffentlich von der Korruption und dem Machtmissbrauch unter der 24-jährigen Herrschaft Ben Alis distanziert. Marzouki warnte dagegen vor einem Rückschlag für die hart erkämpften Reformen bei einem Comeback von Vertretern der alten Führung. Der Präsident hat nur eingeschränkte Befugnisse etwa in der Außen- und Verteidigungspolitik.

Tunesien gilt als Musterbeispiel für die Demokratiebewegung in Nordafrika. Inzwischen gibt es eine neue Verfassung, ein neues Parlament wurde gewählt, und die Politik zeichnet sich durch Kompromisse zwischen den gesellschaftlichen Gruppen aus. Dagegen versinken andere Länder der Region wie Libyen nach den Umstürzen der vergangenen Jahre im Chaos.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.