Springer Verlag und T-Online-Portal: Flirt mit Aussichten

Springer soll Interesse am Kauf von T-Online.de zeigen. Nur: Warum sollte die Telekom das erfolgreiche Portal verkaufen wollen?

Die Telekom strukturiert kräftig um, wie auch die Axel-Springer-AG. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Axel-Springer-Konzern wolle der Deutschen Telekom das Onlineportal T-Online abkaufen, berichtete die Wirtschaftswoche kurz vor den Weihnachtstagen. Das wäre überraschend - und doch konsequent.

Denn beide, die Telekom und Springer, haben ihre Gestalt und ihr Portfolio in den vergangenen Jahren mehrfach gewandelt. Unter dem Druck der Digitalisierung sind sie dabei höchst unterschiedliche und zum Teil verworrene Wege gegangen, die sich mit dieser Übernahme begradigen ließen.

T-Online ist nicht mehr das Internetzugangsgeschäft der Deutschen Telekom, wie es das bis 2006 war. Es geht bei den Verkaufsgesprächen ohnehin „nur" um das Onlineportal t-online.de. Das wiederum ist eine der reichweitenstärksten deutschen Internetseiten. Eine Vielzahl bunter Inhalte, die an Webauftritte von Boulevardblättern und Regionalzeitungen erinnern, umrahmt von vielen Telekomangeboten, das sind die Hauptzutaten des Portals.

Zugleich ist es aber auch der Zugang zu den Kundendiensten der Telekom - von E-Mails über Rechnung Online bis zu Beschwerdeformularen, im Telekomuniversum ist vor und hinter den Kulissen vieles miteinander verwoben. Warum aber sollte Axel Springer solch ein Portal erwerben?

Springer ist längst kein klassisches Verlagshaus mehr. Der Konzern trennt sich zunehmend von Zeitungen und Zeitschriften, die nicht funktionieren. Mehr als die Hälfte des Umsatzes stamme aus dem Digitalgeschäft, meldete Springer im November stolz. Im Dezember folgte die Ankündigung, dass der Konzern wieder einmal umgewandelt werde, dieses Mal in eine Kommanditgesellschaft. Dadurch soll der Springerfamilie der Einfluss über das Geschäft erhalten, zugleich aber mehr Kapital herangeschafft werden - denn der Konzern möchte digital weiter expandieren. Genau in dieses Vorhaben würde ein Kauf von T-Online.de gut passen.

49,4 Prozent der Deutschen im Netz, also 27,5 Millionen Nutzer, hätten t-online.de im September aufgesucht, so die Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung (AGOF). Und das sind immerhin fast 11 Millionen mehr, als bild.de verzeichnen konnte. Springer plant offensichtlich, sich in Deutschland als Marktführer bei digitalen Angebote so zu platzieren, dass niemand um ihre Seiten mehr herumkommt. Das kann auch als Ansage an andere große Anbieter im Netz, gerade auch aus Übersee verstanden werden. Die Seite dabei mit eigenen Inhalten zu befüttern und so die Kosten zu reduzieren, dürfte für den Springerkonzern ein leichtes sein.

Doch warum sollte die Telekom das Portal verkaufen wollen? Telekommunikationsnetze, Dienste über diese Netze und Angebote für Endverbraucher, diese drei Säulen bildeten die alte Strategie unter Rene Obermann, Vorstandvorsitzender der Telekom bis Ende 2013. Sein Nachfolger Thimotheus Höttges setzt nach Jahren, in denen sich die Firma im Netz ausprobiert hat, auf das Infrastrukturgeschäft und Dienste darüber.

Mit Endkunden will Höttges anscheinend nur noch im eigentlichen Telekommunikationsanschlussbereich zu tun haben, alles andere, vor allem die Content-Präsentation, sollen Dienstleister wie Spotify übernehmen. Mehrere Bezahlinhalte-Angebote stellte der Bonner Konzern in diesem Jahr schon ein. Damit diese Umstellung klappt, braucht die Telekom dringend Geld für Investitionen in die Netze. Dazu könnte zum Beispiel ein T-Online-Verkauf beitragen. Dann würden ihr die Kunden nicht davonlaufen - und ganz nebenbei künftig seltener auf t-online.de nach dem Beschwerdeformular suchen.

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