Kommentar IS-Anschlag in Afghanistan: Urheber gegen Bekenner

Der Islamische Staat hat sich zu einem Attentat in Afghanistan bekannt. Das heißt aber nicht, dass er es wirklich getan hat.

Nach dem Anschlag im afghanischen Dschalalabad: Der Islamisvche Staat benennt sich als Täter. Bild: reuters

„Guftan kardan nist“ – sagen ist noch nicht tun, so lautet eine afghanische Redewendung. Dies muss man auch auf den Anschlag am Sonnabend in Ostafghanistan anwenden, zu dem sich der afghanisch-pakistanische Arm des Islamischen Staats bekannte. Damit löste er eine ziemliche Sensation aus. Immerhin wäre das der erste große Anschlag der dschihadistisch-internationalistischen Terrorbewegung in dieser nichtarabischen Region.

Aber Vorsicht: In Afghanistan war es in den vergangenen über 13 Jahren der US-geführten Militärintervention und des Aufstands der Taliban und anderer Gruppen gang und gäbe, sich zu Anschlägen zu bekennen, die man gar nicht ausgeführt hatte (es gab immer wieder Doppelbekenntnisse). Oder umgekehrt: Man zog vor, sich in bestimmten Fällen nicht zu bekennen.

Die afghanischen Taliban etwa – bis heute die größte aktive Gruppe – stritten mehrmals die Urheberschaft von Anschlägen ab, bei denen, wie am Sonnabend, viele Zivilisten um Leben kamen. Ihre offizielle Doktrin sieht nämlich vor, Leben und Eigentum afghanischer Zivilisten zu schützen. In der Praxis allerdings nehmen die Taliban bei ihren Operationen in der Regel in Kauf, wofür im Westen der Euphemismus „Kollateralschaden“ erfunden wurde.

Ihre örtlichen Konkurrenten vom IS hingegen haben Profilierungsbedarf. In Pakistan, weniger in Afghanistan, schlossen sich ihm bisher nur Splittergruppen an, die dann per Fernbeschluss adoptiert wurden. Diese Gruppen müssen sich ihren Geldgebern gegenüber aktiv zeigen. Dafür kommen Anschläge, deren Urheberschaft andere nicht übernehmen wollen, gerade recht. Die IS-Leute wissen, wie fiebrig westliche Medien auf jede Regung ihrer Bewegung reagieren. So wird aus einer Bekennererklärung schnell ein Fakt.

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