Kommentar Klimakonferenz in Paris: Protest im Zeichen des Terrors

Demoverbote, Razzien und Hausarreste gegen den Klimaprotest: Der Einsatz von Antiterrorgesetzen gegen Aktivisten stärkt Demokratiefeinde.

Ein Spielzeugpanzer zwischen Müll zu Füßen eines Menschen

Mit Gewalt gegen die Klimaproteste – wären die Einsatzfahrzeuge der Polizei doch immer so klein. Foto: reuters

Es war eine absurde Situation am Sonntag in Paris: In der ganzen Stadt läuft das Leben weitgehend normal. Im Kongresszentrum laufen die Vorbereitungen für die Anreise von 140 Staats- und Regierungschefs zum Weltklimagipfel; Straßen und Kneipen sind voller Menschen. Nur die Demonstrationen, die zum Auftakt der Klimakonferenz stattfinden sollten, wurden ohne Ausnahme verboten. Unmittelbar nach den Attentaten von Paris mag das noch nachvollziehbar gewirkt haben. Inzwischen wirkt das Totalverbot völlig übertrieben.

Absolut unverständlich sind zudem die Mittel, mit denen die französischen Behörden gegen einige Organisatoren der geplanten Proteste vorgegangen sind: Mit Razzien werden sie eingeschüchtert, mit Hausarresten festgesetzt – ohne richterliche Entscheidung, allein auf Grundlage des Notstands, der nach den Anschlägen vom 13. November ausgerufen wurde.

Und der Protest derer, die trotz Demonstrationsverbot auf die Straße gingen, um von den Regierungen der Welt entschlossenes Vorgehen gegen den Klimawandel zu fordern, endete in riesigen Wolken aus Tränengas, ausgerechnet an der symbolträchtigen Place de la République, deren Monument für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit steht.

Die französischen Behörden setzen damit ein schlimmes Zeichen. Die Gesetze, die dem Schutz gegen die Terroristen dienen sollen, die unsere freie Gesellschaft angegriffen haben, werden angewandt gegen Menschen, die – ganz im Sinne dieser freien Gesellschaft – für politische Veränderungen auf die Straße gehen wollen. Der Staat erledigt damit das Geschäft seiner Feinde.

Der Staat erledigt das Geschäft seiner Feinde.

Bitter ist das Verbot sämtlicher öffentlicher Aktionen der Zivilgesellschaft auch deswegen, weil der Protest in Paris dringend gebraucht wird. Trotz einiger hoffnungsvoller Signale ist nämlich keineswegs sicher, dass die Klimakonferenz am Ende ein Erfolg wird. Und selbst wenn es eine Einigung gibt, steht jetzt schon fest, dass sie nicht ausreichen wird, um den Klimawandel auf das gerade noch erträgliche Maß zu begrenzen.

Hoffnung besteht nur, wenn die Staatengemeinschaft von jetzt an eine andere Reaktion auf den Terror findet als die französischen Sicherheitskräfte: Der Terror muss für sie ein Anlass sein, enger zusammenzurücken und gemeinsam die größte Herausforderung anzunehmen, vor der die Menschheit steht.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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