S-21-Gegner verklagen den Staat: Jetzt nur nicht weichwerden

Das Kanzleramt muss zensierte Akten entschwärzen. Ein Anwalt und S-21-Gegner hat erfolgreich geklagt. Was treibt ihn an?

Bauarbeiter in einem Tunnel. Einer hackt mit einer Pike auf eine Betonwand, ein andere fahrt einen Bagger.

Bahnhof ohne Köpfchen: Stuttgart 21, Tiefbauprojekt mit Milliardenverlusten Foto: dpa

BERLIN taz | Von Loeper bleibt hart. Der Rechtsanwalt im Ruhestand könnte keinen passenderen Vornamen tragen: Eisenhart. Seit Jahren leistet der Jurist Widerstand gegen den umstrittenen Bahnhofsbau Stuttgart 21. Oder wie er es selber auf einer Demo 2015 formulierte: „Wir bekommen die Drahtzieher ans Schlafittchen.“ Er scheut dabei weder bürokratische Hürden noch große Gegner. Seinen jüngsten Kampf focht er gegen niemand geringeres als das Kanzleramt aus.

Zusammen mit seinem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 hat er gleich mehrfach die Regierung wegen Untreue angezeigt. Darunter sind Ex-Wirtschaftsminister Philipp Rösler, der ehemalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla, aber auch Aufsichtsräte der Bahn. Allein: die Staatsanwaltschaft eröffnete keine Verfahren. Deswegen erstattete von Loeper erneut Anzeige, diesmal gegen die Staatsanwaltschaft. Wegen Strafvereitelung im Amt.

Am Liebsten streiten von Loeper sich jedoch vor dem Verwaltungsgericht. Dort kann der langjährige Jurist in eigener Sache klagen und verhandeln. „Es hat Charme auf kurzem Wege mehr Erkenntnisse zu bekommen“, sagte er. Er ist dabei nicht auf Krawall gebürstet, er bleibt sachlich.

Einige Akten zu internen Vorgängen um den Bau musste die Regierung bereits herausgeben. Trotz Verzögerungstaktik und zahlreicher Schwärzungen ergibt sich aus dem Gesamtbild, dass es wahrscheinlich die Machtzentrale der Bundesrepublik selbst war, die 2013 trotz explodierender Kosten auf den Bau von Stuttgart 21 drängte. Unter dem Druck des bevorstehenden Wahlkampfs nahm man Einfluss auf die Staatssekretäre im Aufsichtsrat der Bahn. Die hatten sich wohl gegen das Bauvorhaben ausgesprochen. Diese Erkenntnis ist das Verdienst von Loepers und seiner Mitstreiter.

Stuttgart 21 könnte endgültig kippen

Am vergangenen Donnerstag hat von Loeper den jüngsten Ringkampf mit der Regierung vor dem Berliner Verwaltungsgericht ausgetragen. In nicht-öffentlicher Sitzung bekam von Loeper das, was er wollte: Die Regierung musste drei von zwölf zensierte Stellen in dem Votum von 2013 entschwärzen. Es sind entscheidende Stellen, sagt von Loeper. Puzzleteile, die das Gesamtbild vervollständigen.

„Mir geht es nicht darum, dass Bahnchef Grube in den Knast geht. Mir geht es darum, dass sich die Bahn am Gemeinwohl orientiert“, sagt von Loeper. Das jüngste Verfahren wertet er als Erfolg. Besonders schön sei es, dass er sich auf Augenhöhe mit dem Kanzleramt einigen konnte. Nach der Einflussnahme von 2013 stehen die Handelnden jetzt unter besonderer Beobachtung.

Von Loeper hofft, dass bei der erneuten Begutachtung des Tiefbauvorhabens die Vernunft walten wird. Und wenn ein Weiterbau teurer wäre als die Abwicklung, könnte Stuttgart 21 kippen. Dann hätte es sich für von Loeper gelohnt, hart zu bleiben.

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