Fragen und Antworten zum Brexit: Orangenmarmelade wird billiger

Die Briten haben für einen EU-Austritt gestimmt. Was bedeutet der Brexit konkret für Arbeitnehmer, Touristen und Studenten?

Füße neben einer Zeitung vor einem Fenster.

Aussicht? Geht so Foto: dpa

Was ändert sich für EU-Bürgerinnen und -Bürger, die nach Großbritannien reisen wollen?

Wenig. Es gibt zumindest keine Einschränkungen für Reisende. Weil der Brexit aber zu einer Abwertung der britischen Währung geführt hat, ist der Urlaub für Reisende aus Ländern, die den Euro als Währung haben, erst einmal günstiger.

Werden auch Flüge billiger?

Das nun eher nicht. Der Flug mit einer britischen Airline könnte teurer werden.

Brauchen Reisende zukünftig andere Papiere?

Da Großbritannien nicht zum Schengenraum gehört, gibt es ohnehin Grenzkontrollen. EU-Bürger brauchen bei der Einreise einen Personalausweis, bis Großbritannien tatsächlich nicht mehr EU-Mitglied ist. Was danach passiert, muss verhandelt werden. Eine allgemeine Visumspflicht ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich – sie hätte negative Auswirkungen auf den Tourismus.

Was bedeutet der Brexit für britische Reisende?

Für Briten, die in andere EU-Staaten reisen, wird es erst einmal teurer. Was wiederum Auswirkungen für Hoteliers und Reiseanbieter hat, deren Kundschaft in großer Zahl aus britischen Reisenden besteht, etwa in Spanien oder der Toscana. Sie fürchten finanzielle Einbußen. Denkbar ist, dass deshalb die Preise mancherorts sinken.

Was verändert sich für die Briten, die in Deutschland und anderen EU-Ländern leben?

Etwa 2 Millionen Briten leben im EU-Ausland. Für sie ändert sich wohl viel. Aufenthaltsgenehmigungen, Arbeitserlaubnis, der freie Zugang zum Gesundheitssystem in der EU – all das muss neu verhandelt werden. Exilbriten können sich allerdings in EU-Ländern einbürgern lassen. Um den deutschen Pass zu bekommen, müssen sie acht Jahre in Deutschland gelebt haben und einen Einbürgerungstest bestehen.

Was ändert sich für Deutsche, die in Großbritannien arbeiten, etwa an einer Hochschule oder in einem Unternehmen?

Denkbar ist, dass das britische Parlament nach dem Austritt wieder Privilegien für Briten einführt, wie die Rechtsanwältin Dörte Fouquet sagt, die das Brüsseler Büros der Kanzlei Becker Büttner Held leitet. Für deutsche Wissenschaftler könnte es also schwieriger werden, in Großbritannien eine neue Professur zu erhalten, weil bestimmte Stellen für Briten reserviert sind.

Müssen deutsche Arbeitnehmer und Manager künftig al­so in Großbritannien eine Arbeitserlaubnis beantragen?

Das ist vorstellbar. Die Niederlassungsfreiheit ist eines der europäischen Grundrechte. „Je­der EU-Bürger kann heute auf den britischen Inseln arbeiten. Selbstständige aus anderen EU-Staaten dürfen dort ihre Geschäfte eröffnen. Gerade dagegen hat sich die Brexit-Kampagne gerichtet“, sagt Anwältin Dörte Fouquet. Sie fürchtet: Die Freizügigkeit wird abgeschafft.

Werden im deutschen Fernsehen weiterhin Filme nach Vorlagen der britischen Schriftstellerin Rosamunde Pilcher zu sehen sein?

Ja. Eine Sprecherin schreibt uns, das ZDF werde auch zukünftig Filme aus der Reihe drehen und ausstrahlen.

Werden britische Produkte in Deutschland teurer?

Britische Unternehmen exportieren Weingummi, Orangenmarmelade, schottischer Whiskey und vor allem Autos und Autoteile nach Deutschland. 2015 wurden laut Statistischem Bundesamt Waren im Wert von 38,3 Milliarden Euro eingeführt. Bleibt das Pfund nach dem Absturz am Freitag schwach, wovon Experten ausgehen, würden britische Produkte hierzulande zunächst einmal preiswerter. Allerdings sind mit dem Nein zur EU auch wieder Zölle und andere Handelsabgaben möglich. Dadurch könnten die Preise steigen.

Bedeutet der Brexit das Ende des britischen Erasmus-Programms?

Das europäische Bildungsprogramm Erasmus unterstützt Studierende im Ausland finanziell. 2013 waren laut Statistischem Bundesamt 15.700 Deutsche an einer britischen Hochschule eingeschrieben. Ihnen und anderen EU-Studierenden drohen nun höhere Studien­gebühren auf der Insel. Bisher müssen sie den gleichen Satz wie britische Studenten und nicht den wesentlich höheren von Nicht-EU-Ausländer zahlen. Per se ist die Teilnahme an dem Programm aber nicht an eine EU-Mitgliedschaft geknüpft, wie die Beispiele Island und die Türkei zeigen.

Kann Großbritannien noch am Eurovision Song Contest teilnehmen?

Keine Panik. Die Briten haben nur für den Ausstieg aus der Europäischen Union, nicht für den Ausstieg aus der Europäischen Rundfunkunion gestimmt. Als einer der „Big Five“ sind die Briten dort sogar automatisch für das Finale gesetzt, genau wie Deutschland. Falls die Briten jedoch auch den ESC verlassen wollen, stünde mit Aus­tralien – auch kein EU-Mitglied – Ersatz bereit.

(mit dpa und afp)

Mitarbeit: raa

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